Die Flamingos, die im Sommer im Höhenpark Killesberg leben, überwintern bisher beim Gartenbauamt. Weil in dessen Nachbarschaft Wohnungen gebaut werden, die Vögel aber zu laut sind für menschliche Nachbarn, baut die Stadt ein neues Winterquartier. Doch der 283 000 Euro teure Neubau kommt nicht so recht voran.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Für das gute Dutzend Flamingos, das sommers durch den See am Fuße der Milchbar im Höhenpark Killesberg watet, soll die winterliche Zukunft rosig werden. Denn das Federvieh, das bislang während der kalten Jahreszeit in ein Quartier auf dem schmucklosen Betriebsgelände des Garten- und Friedhofsamts an der Maybachstraße übersiedelte, darf bald in einem Neubau überwintern, der alles bietet, was das Flamingoherz begehrt. Soweit der Plan. Doch das 283 000 Euro teure Neubauvorhaben läuft nicht nach Plan. Die von der Stadt für Oktober 2016 angekündigte Fertigstellung hat nicht stattgefunden. Stattdessen präsentiert sich derzeit am neuen Standort – nur ein paar Flügelschläge von der Milchbar entfernt – ein trostloser Rohbau.

 

Fußbodenheizung für warme Flamingofüße

Dieser Einschätzung widerspricht der für die Pläne verantwortlich zeichnende Nürtinger Architekt Thomas Rudolf vehement. Man sehe dem unfertigen Gebäude vielleicht nicht an, was in ihm stecke – unter anderem eine Fußbodenheizung, die verhindern soll, dass die gefiederten Freunde kalte Füße bekommen. Auch allenfalls in Ansätzen zu erkennen ist das zehn Quadratmeter große Wasserbecken, das nicht etwa winterliche Schwimmübungen ermöglicht, sondern der Nahrungsaufnahme dient. „Flamingos fressen nur, wenn sie im Wasser stehen“, erklärt Rudolf, der erstmals eine Unterkunft für Vögel baut und sich zuvor bei Wilhelma-Experten Fachwissen angeeignet hat.

Dass es bei dem Bau nicht wie geplant vorangeht, ist aber nicht in der Komplexität des Vorhabens begründet. Vielmehr gebe es einen Nachschubprobleme bei Fenstern, erklärt Thomas Rudolf. Die für September avisierte Scheibenlieferung erfolge frühestens im Februar, beklagt der Planer. Ohne die Fenster seien aber weitere Arbeitsschritte sinnlos. Und deshalb ist die Baustelle in eine Winterruhe gefallen. Die zeitliche Verzögerung habe allerdings keinerlei Auswirkungen auf die Kostensituation des Vorhabens, versichert eine Sprecherin der Stadt. Im Rathaus geht man davon aus, dass der Neubau zu Ostern seiner Bestimmung übergeben wird. Dann beginnt auch die Freiluftsaison für die Flamingos wieder.

Die Vögel sind zu laut für benachbarte Wohnungen

Der Grund dafür, dass die Stadt einen solchen Aufwand treibt und Geld im sechsstelligen Bereich investiert, ist nicht allein in der Förderung des Artenschutzes zu suchen. In Hörweite des bisherigen Winterquartiers entsteht ein neues Wohnquartier. Dafür wird entsprechend der Rathaus-Doktrin, wonach Nachverdichtung stets einer Neuversiegelung vorzuziehen sei, ein ehemaliger Messeparkplatz bebaut. Die in den Nachtstunden ausgestoßenen Flamingolaute stehen dem Ruhebedürfnis der Neuanwohner der Parklandschaft entgegen. Um die Belästigung durch „nächtliche Tierlaute“ zu minimieren, sei ein „Neubau am Spielplatz“ vonnöten, hieß es in der entsprechenden Vorlage, über die gemeinderätliche Gremien im März 2016 befanden. Und nicht nur das. Neben dem neuen Vogelkäfig listet das Papier fünf weitere Maßnahmen auf, die sicherstellen sollen, dass weder das Vogelgeschrei noch das Werkeln der städtischen Gärtner so laut ist, dass sich die neue Nachbarschaft daran stören könnte. Alles in allem kostet das Maßnahmenpaket 720 000 Euro, größter Einzelposten ist mit 283 000 Euro die Voliere. Allerdings berappt die Stadt nicht alleine die Kosten für den Lärmschutz sondern bittet den Träger des Wohnbauprojekts ordentlich zur Kasse. Der steuert mit 375 000 Euro mehr als die Hälfte bei.

Am neuen Standort der Wintervoliere in der Nähe des großen und vor allem in der warmen Jahreszeit gut angenommenen Spielplatzes im Höhenpark mussten zunächst ein Karussell und eine Holzeisenbahn versetzt werden, um den Grund für den Vogelkäfig zu bereiten. Der Umzug soll dabei nicht nur dem Federvieh zum Vorteil gereichen. Durch die Umsiedlung „sind die Tiere auch im Winter für Besucher in einem hoch frequentierten Bereich zu beobachten und die maßgebliche, nächtliche Lärmbelastung des künftigen Wohngebietes ist aufgehoben“, heißt es in dem Gemeinderatspapier. Die nur zwei Meter neben dem Käfigneubau gelegene, in die Jahre gekommene Toilettenanlage, deren Dach bei dieser Gelegenheit gleich mitsaniert wurde, dürfte ihren Anteil an der hohen Besucherfrequenz haben.