Im Vorfeld der Schulerweiterung machen Zwölf-bis 14-jährige Vorschläge zur Innenarchitektur.

Lokales: Sybille Neth (sne)

S-Nord - Schule ist ein Lebensraum und Jugendliche verbringen einen Großteil ihrer Zeit dort. Deshalb wollen auch sie gerne an der Gestaltung ihrer Schule beteiligt werden. Das ist kurz vor den Sommerferien im Rahmen der Projekttage am Hölderlin-Gymnasium geschehen, denn die Schule soll durch einen Neubau erweitert werden, sodass das Gymnasium mit dem künstlerischen Schwerpunkt später dreizügig geführt werden kann.

 

Das ist zwar noch Zukunftsmusik, doch einen Entwurf für den Anbau gibt es bereits. Die beiden Architekten, deren Kinder das „Högy“ besuchen, wollen das bisherige schmale Klinkerschulhaus, das im rechten Winkel hinter dem 100 Jahre alten historischen Schulgebäude steht, durch einen zweiten Gebäuderiegel verbreitern. Dieser Entwurf war die Ausgangsbasis für die innenarchitektonischen Ideen der Schüler. Sie haben sich mit Fluren und Aufenthaltsräumen beschäftigt. „Räume zum Ausruhen oder um etwas gemeinsam zu lernen oder zu erarbeiten, fehlen für die Jüngeren jetzt ganz“, klagt auch der Lehrer Stefan Zbik, der das Projekt zusammen mit der Kunstlehrerin Anne Böcher geleitet hat.

Das Högy als Sitzgelegenheiten

„Wir fanden die Farben im Flur ziemlich eklig“, kritisiert Paul Dober aus der sechsten Klasse. Zusammen mit seinen Mitschülern hat er deshalb einen Schulflur entworfen, in dem es endlich Freude macht, sich aufzuhalten. „Weil das Hölderlin-Gymnasium ja oft Högy genannt wird, haben wir diese vier Buchstaben genommen und daraus Sitzgelegenheiten gemacht“, erklärt Lorenz Lehmann die Polstergebilde im gemeinsamen Modell. „Die kann man auch verschieben und in der Form des Buchstaben G ist noch eine Ablagefläche“, fügt Gedeon Münchinger hinzu.

Der Knüller am Entwurf der Jungs für die Flure im zukünftigen Neubau ist der Fußboden mit einem Streifen aus Panzerglas. Dieses Element setzt sich von Stockwerk zu Stockwerk fort und so entsteht ein Lichtschacht, denn im Flur des obersten Stockwerks bildet die Glasdecke den Abschluss. „Die Schüler haben sich dabei vom städtischen Kunstmuseum inspirieren lassen“, berichtet Zbrik. Fachkundige Anleitungen für ihre Modelle bekamen sie von der Architektin Dörte Meinerling. „Bevor man die Schüler beteiligt, muss man sie auf dem entsprechenden Gebiet schulen“, sagt Zbik. Nicht nur Zbik und Böcher loben die Entwürfe der Zwölf-bis 14-jährigen, sondern auch die Architektin findet, dass sie erstaunlich gut durchdacht sind.

Beim Schulfest haben auch Jule Dane und Marlene Silbermann ihr Modell eines Dachgartens auf dem bestehenden Klinkerbau präsentiert. „Wir haben da eine Art Wintergarten oben drauf gebaut, mit Schiebetüren aus Glas“, erklärt Marlene Silbermann das Konzept. Das besteht aus einem großen Raum „zum Chillen und für Gruppenarbeit“, wie die beiden Schülerinnen betonen, und mehreren kleinen Räumchen mit Matratzen zum Ausruhen. Auf den Freiflächen stehen Liegestühle und jede Jahrgangsstufe soll auf der Dachterrasse ein Beet bekommen. „Das sollen die Schüler ihre ganze Schulzeit über pflegen und dort etwas anpflanzen“, sagt Jule Dane.

Mehr Wohnlichkeit

Leonie Pföhler und Lea Arneyingho haben sich dagegen überlegt, wie sie natürliche Formen in den Schulflur bringen könnten, und haben sich für die Bienenwabe als Stilelement entschieden. Sechseckige Sitzelemente und kleine Sofas, Klapptische an den Wänden und hier und da einen Paravent haben sie in ihren Modellflur gebaut. „Wichtig sind auch die Schließfächer. Die sind jetzt unten in der Schule, aber wir haben die Schränke neben die Klassenzimmer gestellt, denn das ist viel praktischer “, erklären die beiden. Ein Flur ist ein Aufenthaltsraum, darin waren sich alle teilnehmenden Schüler einig und deshalb sollte auf alle Fälle dort Sitzgelegenheiten geben.

Die spielen auch in der neu gestalteten Bibliothek eine zentrale Rolle. Cyrillon Casey und Mara Winkler haben sich damit befasst, wie die bestehende Bücherei gemütlich werden könnte: Teppiche, Sofas, Kissen und Tischchen haben sie dem Raum verpasst, den sie bisher als sehr abweisend empfinden. „Wir wollten Räume schaffen, in denen man vom Schulalltag abschweifen kann“, sagt Cyrillon Casey.

Zu Beginn ihres Projekt haben die Schüler alle Winkel ihrer Schule kritisch beäugt, dann haben sie ihr Traumzimmer in Wort und Bild konkretisiert und sich danach mit den realen Möglichkeiten auseinandergesetzt. Daraus entstanden erst Collagen, die die Vorlage für die dreidimensionalen Modelle waren. „Das war auf alle Fälle eine tolle Möglichkeit, Jugendliche an der Gestaltung ihrer Lebensumwelt zu beteiligen“, sagt Anne Böcher. Stefan Zbik unterdessen möchte die Schülermodelle zu gegebener Zeit an die Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann weiterleiten, „denn das sind sehr gute Ideen.“