Keine leichte Entscheidung: Der Bezirksbeirat Münster stimmt für eine Teilsperrung der Hofener Straße an Sonn- und Feiertagen. Die Lokalpolitiker appellieren an die Stadträte, dass der Gemeinderat diesem Kompromiss folgt.

Bad Cannstatt/Münster/Mühlhausen - Der Entscheidung vorausgegangen waren in dieser Woche zwei teils von starken Emotionen begleitete Info-Veranstaltungen: zunächst in Mühlhausen, am Tag darauf in Münster. Dabei stellte die Stadtverwaltung jeweils vorneweg die Ergebnisse des neuerlichen Verkehrsversuches im Jahr 2014 vor: mit reduzierter Dauer und nächtlicher Freigabe der Hofener Straße. Letzteres hatte zu einer Entlastung auf der Neckartalstraße geführt. In deren Folge pegelte sich die Zunahme des Verkehrslärmes „auf ein kaum wahrnehmbares Maß“ ein, wie Stephan Oehler vom Stadtplanungsamt feststellte. Auf dieser Basis wiederum hatte die Stadtverwaltung beantragt, die Straße dauerhaft zu sperren: analog zum Verkehrsversuch, also zwischen 1. Mai und Anfang Oktober, jeweils an den Wochenenden und feiertags. Und nachts dürften die Autos wieder fahren.

 

Freizeitverkehr von Radfahrern und Inlinern

Bürgermeister Werner Wölfle, der die beiden stark besuchten Veranstaltungen geleitet hat, nannte diesen Beschlussantrag deshalb einen „für alle gangbaren Kompromiss“ und betonte zudem ein „gesamtstädtisches Interesse, dieses Stück zu einer Erlebnisfläche zu machen“. Eine Einschätzung, die in Mühlhausen die Versammlung in etwa zwei gleich große Pro- und Contra-Lager teilte: bei 24 Wortmeldungen.

Ein ganz anderes Bild in Münster. Dort begaben sich – von einer Stimme aus Cannstatt abgesehen – ausschließlich Bürger ans Mikrofon, die jedwede Sperrung des Abschnittes für den Freizeitverkehr von Radfahrern und Inlinern ablehnen. Der Tenor: Jedes zusätzliche Auto auf der Neckartalstraße ist für die ohnehin lärmgeplagten Anwohner ein Auto zuviel.

Diese massive Front zeigte auch vor Ort offensichtlich Wirkung. Vor allem bei der SPD-Fraktion des Gemeinderates, die bis dato für die Vorlage der Verwaltung, also für eine Wochenend-Sperrung plädiert hatte. Nun aber meinte deren neuer Fraktionsvorsitzende Martin Körner, der Beschlussantrag werde dem Votum von Münster „nicht gerecht“, und er fragte: „Was könnte eine für alle wenigstens halbwegs akzeptable Lösung sein?“ Seine Antwort: „Wir hegen große Sympathie für den Sonntags-Kompromiss“, also für den von den Freien Wählern (FW) eingebrachten Antrag, die Sperrung auf Sonn- und Feiertage zu begrenzen. Auch der CDU-Mann Markus Reiners meinte: „Es könnte auf so einen Vorschlag hinauslaufen.“

Just dies bestätigte sich am Mittwochabend in der Sitzung des Bezirksbeirates Münster, was eine paradoxe Situation zeitigte: Diejenigen, die bisher prinzipiell gegen jede Sperrung waren, waren nun „zur Hälfte“ dafür: CDU, SPD und Freie Wähler. Und die, die bisher dafür waren, waren nun zur Hälfte dagegen, also nurmehr zur „anderen Hälfte“ dafür: Bündnis 90/Die Grünen und SÖS-Linke-PluS.

Alle Bezirksbeiräte mussten über ihren Schatten springen

Und allen war die Situation so unangenehm, dass zunächst niemand das Wort ergreifen wollte. Schließlich bekannte Manuela Schenk (SÖS-Linke-PluS): „Wir tun uns sehr schwer.“ Eine Formulierung, die in der Folge zur Standardformel wurde. René Hildebrandt bat für die CDU-Fraktion „um Verständnis“ dafür, dass man dem FW-Vorschlag zustimmen werde, wenn auch „zähneknirschend“. Das Dilemma brachte Dietmar Bulat (SPD) auf den Punkt: „Im Rathaus wird eine politische Entscheidung gesucht, mit oder ohne Münster.“ Angesichts der Mehrheitsverhältnisse drohe eine Entscheidung „gegen Münster“, also eine zweitägige Sperrung. Darum wollte Siegfried Zaiß (FW) lieber „den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“. Die „Sonntagslösung“ also, die Hildebrandt als „Schadensbegrenzung für Münster“ bezeichnete.

So wurde zunächst einstimmig der Verwaltungsvorschlag abgelehnt – und ebenso einstimmig dem mit der Sonntags-Sperrung modifizierten Vorschlag zugestimmt. Das stellt nichts weniger dar als eine kapitale „realpolitische Lösung“, bei der alle Bezirksbeiräte über ihren Schatten springen mussten. Direkt an die anwesenden Stadträte gewandt, fasste Dietmar Bulat die damit verbundene Erwartung zusammen: „Wir vertrauen darauf, dass der Gemeinderat dem Kompromiss folgen wird.“