Wer sich regional ernähren möchte, für den sind Hofläden eine echte Alternative. Zu Besuch auf dem Haldenhof in Plieningen, auf dem Reyerhof in Möhringen und im Apfelparadies Bauer in Bad Cannstatt.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart - Wer den Wunsch nach dem schnellen Geld verspürt, wird nicht Bio-Bauer. Monika Mayer vom Haldenhof in Plieningen ist es aus Überzeugung. „Mit Spritzmitteln konnte ich nichts anfangen. Das ist mir zuwider“, erzählt die 58-jährige gebürtige Plieningerin. Sie führt gemeinsam mit ihrem Mann Rolf seit 1986 den Hof im Gewann Halden, der schon mehrere Generationen in Familienbesitz ist. Nach der Übernahme hat das Ehepaar auf biologischen Anbau umgestellt. Im Jahr 1989 erfolgte die Demeter-Zertifizierung. Pestizide verwendet es auf seiner rund 26 Hektar großen Betriebsfläche nicht. Der Dünger ist organisch, die Fruchtfolge der Äcker wird beachtet. Natürlich haben die Mayers gelegentlich mehr Ausfall und weniger Ertrag. „Dafür haben wir qualitativ hochwertiges Obst und Gemüse.“ Denn das wird liebevoll gepflegt. „Wir rupfen noch jeden Grashalm selbst von Hand raus“, sagt Monika Mayer.

 

Regional einkaufen ist wieder in

Zweimal in der Woche verkauft die Familie ihre Produkte im eigenen Hofladen. Für Landwirte ist die Nähe zum Verbraucher wichtig. Rund drei Viertel der Stuttgarter Betriebe vermarkten ihre Produkte direkt, entweder im eigenen Hofladen, auf dem Wochenmarkt, im Besen oder mit einem kleinen Stand auf dem Hof. Bio und regional einzukaufen ist in. Viele Supermarktketten, selbst Discounter, sind auf diesen Trend aufgesprungen und haben längst eine Bio-Ecke eingerichtet. Doch wer wirklich wissen will, was in seinem Essen ist und wo es angepflanzt wurde, kauft im Hofladen direkt beim Erzeuger.

Die Strukturen der Betriebe in Stuttgart sind unterschiedlich. Der Wandel in der Landwirtschaft führte zur Aufgabe von Kleinbeständen oder zur Spezialisierung auf eine Tierart. Rund 30 Stuttgarter Landwirte halten Rinder, Schweine, Schafe, Pferde oder Geflügel.

Frisches Fleisch direkt aus dem Stall nebenan

So zum Beispiel der Reyerhof mitten in Möhringen. Rund 40 Hektar Ackerland besitzt die Familie, das Herz des Hofes sind aber die zehn Rinder und ihr Nachwuchs. Rindfleisch und Wurst verkauft die Familie im eigenen Hofladen. Die Kälber jedoch bleiben auf dem Hof, bis sie ausgewachsen sind. Der Traditionshof, inzwischen im Besitz von Dorothea Reyer-Simpfendörfer und ihrem Mann Christopf Simpfendörfer, setzt ebenfalls auf bio. Seit 1955 ist der Hof zertifiziert nach Demeter. Die Familie hat einen eigenen Laden und ein Bistro auf ihrem Gut an der Unteraicher Straße 8.

Landwirtschaft mitten in der Stadt, kann das funktionieren, fragte sich Reyer-Simpfendörfer anfangs häufig. Ihre Antwort heute: Ja, es kann. Sie setzt auf Transparenz. „Bei uns kann jeder durch den Kuhstall oder über die Felder laufen“, sagt die 62-Jährige, die sich um Laden und Bistro kümmert. Ihr Mann ist für die Bewirtschaftung der Äcker zuständig. Neben Wurst und Fleisch haben die Simpfendörfers Milchprodukte, Gemüse und Obst im Angebot – und dieses je nach Saison. Alle anderen Produkte für den täglichen Bedarf kauft die Landwirtin in Bio-Qualität zu. Sonst lohne sich der eigene Laden kaum, sagt sie.

Auf bio haben bereits ihre Eltern umgestellt. Die Frage der Finanzierung hat sich Reyer-Simpfendörfer, die in die Landwirtschaft familienbedingt hineingewachsen ist, deshalb selbst nie gestellt. „Ich würde niemals einen normalen Hof betreiben.“ Eine ökologische Bewirtschaftung sei ihr wichtig, für die Erde, die Luft und natürlich für die Qualität der Nahrungsmittel, sagt sie.

In Möhringen ist der Reyerhof der einzige Bio-Hof. Konventionelle Bauernhöfe gibt es dagegen noch mehrere. In der Direktvermarkter-Broschüre der Stadt Stuttgart sind für 2014 noch 250 landwirtschaftliche und gärtnerische Unternehmen für ganz Stuttgart gelistet. Rund 60 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche sind Äcker, 20 Prozent Grünland, 17 Prozent Rebland und drei Prozent Obstanlagen.

Alleinige Obstbaubetriebe sind selten geworden

Einer der wenigen Haupterwerbsbetriebe für Obst in Stuttgart ist das Apfelparadies Bauer an der Tilsiter Straße 19 in Bad Cannstatt. Seit zwei Generationen setzt Familie Bauer auf den Apfel, im Herbst noch auf Zwetschgen, Birnen und Trauben. Neben Apfelchips, Apfelessig und allem, was sonst irgendwie aus Äpfeln herstellbar ist, verkauft Juniorchef Jens Bauer im Hofladen 16 verschiedene Apfelsorten.

Den Hofladen führt der gelernte Weinbautechniker gemeinsam mit seiner Mutter. Zu jedem Apfel können sie etwas sagen, wo er gewachsen ist, wie er gelagert wurde. „Das erwarten die Kunden in einem Hofladen“, sagt Bauer. Denn, so seine Erfahrung, vor allem das regionale Bewusstsein wachse. „Eine Zeit lang hat jeder nur bio, bio, bio gerufen“, sagt er. Jetzt sei die Frage nach der Herkunft wieder wichtiger. Das wissen schon die kleinen Kinder aus der Nachbarschaft zu schätzen, die oft alleine in den Laden kommen, um einen Apfel zu holen. Und viele von ihnen blieben Kunde bis ins Rentenalter, sagt Bauer.