Der Hohenasperg im Kreis Ludwigsburg ist ein bedeutendes Kulturdenkmal – doch die Mauern in den Weinbergen sind einsturzgefährdet. Jetzt steht fest: die Sanierung wird deutlich mehr Geld verschlingen als die einst veranschlagten 5,6 Millionen Euro.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Dass es nicht einfach werden würde, war allen Beteiligten von Anfang an bewusst. Für die Winzer ist die Rebflurneuordnung am Hohenasperg ein Jahrhundertprojekt, es geht um nicht weniger als die Rettung eines Kulturdenkmals, eines der bekanntesten Naturdenkmale des Landkreises, des Wahrzeichens der Stadt Asperg. 2700 Quadratmeter Mauer werden neu gebaut, doppelt so viel dieser markanten Bauwerke werden saniert, kilometerlange Wege werden erneuert und neu angelegt, Rampen werden gebaut, Weinberge neu zugeschnitten. All dies, damit auf dem berühmten Hang, der immer weiter zuzuwuchern drohte, weiterhin Weinbau betrieben werden kann.

 

Als sich die Stadt, der Kreis, die Grundstückseigner und das Land im Jahr 2009 auf ein kompliziertes Finanzierungsmodell einigten, galt dies als Durchbruch. Mit einem Gesamtvolumen von 5,6 Millionen Euro handelte es sich schon damals um die teuerste Rebflurneuordnung, die je in Baden-Württemberg geplant worden war. Inzwischen sind drei von sieben Bauabschnitten bewältigt, jetzt steht fest: die veranschlagten Gelder reichen bei weitem nicht aus. Im Verlauf der Bauarbeiten habe man festgestellt, dass die „Sanierung umfassender sein muss als gedacht“, sagt der Ludwigsburger Vizelandrat Utz Remlinger.

Die jahrhundertealten Mauern sind einsturzgefährdet

Die teils jahrhundertalten Mauern, die den Berg parzellieren und die Terrassen stützen, sind marode – das war lange bekannt. Nun aber habe sich der Zustand noch einmal deutlich verschlechtert, heißt es in einer Analyse des Landratsamts. Vielerorts sei das Mauerwerk eingefallen. Im dritten Bauabschnitt habe sich zudem herausgestellt, dass die Fundamente der Mauern unzulänglich seien oder „sogar gänzlich fehlen“.

Die Stadt Asperg hat darauf frühzeitig reagiert und ihren Finanzierungsanteil bereits vor Monaten aufgestockt, von 1,1 Millionen Euro auf mehr als 1,6 Millionen Euro. Vor wenigen Tagen zog der Landkreis nach. Statt der zuvor kalkulierten 170 000 Euro wird der Kreis nun 300 000 Euro bereitstellen, der Beschluss im Kreistag fiel einstimmig aus.

Verhandelt wird derzeit noch mit den privaten Grundstückseigentümern, zu denen neben der Stadt Asperg und den Besitzern von Wald- und Gartengrundstücken vor allem die 30 Weinbauern mit ihren insgesamt acht Hektar großen Rebflächen gehören. Laut Peter Pfisterer, dem Sprecher der Interessengemeinschaft Asperger Weingärtner, ist der Großteil bereit, sich an den Mehrkosten zu beteiligen. „Diese Nachricht hat bei uns keine Freude ausgelöst, aber ich bin zuversichtlich, dass uns die Finanzierung gelingt“, sagt er.

Entscheidend ist jetzt, ob das Land seine Förderung erhöht

Gemäß der Vereinbarung von 2009 müssen die Winzer zehn Prozent der Kosten tragen, der konkrete Beitrag richtet sich nach der Größe des jeweiligen Grundstücks. Das Land schultert 50 Prozent der Gesamtausgaben und damit den mit Abstand größten Anteil – der Fortgang des Projekts hängt daher entscheidend davon ab, ob man auch in Stuttgart gewillt, ist, die Förderung weiter zu erhöhen.

Das für die Planungen am Hohenasperg zuständige Flurneuordnungsamt in Heilbronn formuliert derzeit den neuen Förderantrag, der nach den Osterferien möglichst zügig in die Landeshauptstadt verschickt werden soll. „Wir sind in einer Phase, in der manches noch nicht ganz klar ist“, sagt der stellvertretende Amtsleiter Rainer Steidl. So lasse sich momentan noch nicht exakt beziffern, wie hoch die Gesamtkosten tatsächlich sein werden. Dies, so Steidl, hänge schließlich auch von den Ausschreibungsergebnissen für die künftigen Bauarbeiten ab. Außerdem seien alle Beteiligten noch auf der Suche nach Einsparmöglichkeiten. Denkbar sei beispielsweise, dass auf die Sanierung einzelner Mauerabschnitte, die nicht unbedingt benötigt werden, verzichtet werde.

Die konkretesten Angaben in diesem Zusammenhang macht Remlinger, und auch diese sind wenig aussagekräftig. „Seriös vorhersagen lässt sich nur, dass die Gesamtkosten erheblich ansteigen“, erklärt der Vizelandrat. Und das bedeute zwangsläufig, dass auch auf das Land erhebliche Mehrkosten zukommen.

Das Gesamtprojekt ist offenbar nicht in Gefahr

Zumal das Einsparpotenzial offenbar eher gering ist. An vielen Stellen des Bergs, sagt Remlinger, sei es schon aus statischen Gesichtspunkten wichtig, mit der Mauersanierung weiterzumachen. „Damit der Hang nicht abrutscht.“

Dass die Bauarbeiten wegen der Mehrkosten dauerhaft gestoppt werden müssen, glaubt derzeit niemand. Sowohl Remlinger in Ludwigsburg als auch Steidl in Heilbronn versichern, dass das Land bereits Entgegenkommen signalisiert und einen höheren Zuschuss in Aussicht gestellt habe. Auch in Asperg verweist man auf die dringende Notwendigkeit, das Begonnene fortzuführen. „Uns ist das jeden Euro wert“, sagt Bürgermeister Ulrich Storer. Peter Pfisterer, der Winzer, betont: „Es waren ja keine Planungsfehler, die zu den Mehrkosten geführt haben – das konnte man einfach vorher nicht wissen.“

Völlig unklar ist vor diesem Hintergrund allerdings, ob der Zeitplan eingehalten werden kann. Im Jahr 2017 sollte die Sanierung mit allem, was dazugehört, abgeschlossen sein. Aber die neuen Kostenschätzungen seien aufwendig, sagt Remlinger. Die Experten müssten Mauer für Mauer ablaufen und begutachten, was dazu geführt habe, dass man „nicht mehr ganz im Plan“ sei. Dazu komme, dass am Hohenasperg zahlreiche Naturschutzauflagen zu beachten seien, was es quasi unmöglich mache, verlorene Zeit wieder aufzuholen.

Momentan wird gar nicht gearbeitet, was indes um diese Jahreszeit nicht ungewöhnlich ist. Bevor die Bagger im Mai oder spätestens Juni wieder anrücken, müssen die besonders geschützten Mauereidechsen aus den betroffenen Abschnitten umgesiedelt und an Stellen ausgesetzt werden, an denen nicht gebaut wird. Auch auf Wildbienen und seltene Pflanzen müssen die Bauarbeiter Rücksicht nehmen. „Ich würde nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass das alles bis 2017 fertig ist“, sagt Peter Pfisterer. Aber auch das sei nicht tragisch. „Wir blicken trotzdem sehr optimistisch in die Zukunft.“