Seine besten Werke wie „Das Schweigen der Lämmer“, „Philadelphia“ und „Stop Making Sense“ beeinflussen noch immer junge Filmemacher. Am 26. April starb Hollywood-Regisseur Jonathan Demme im Alter von 73 Jahren – zuvor wurde es leise um ihn.

Stuttgart - Sein größter Kinohit war fraglos der Thriller „Das Schweigen der Lämmer“ (1991) mit Jodie Foster als FBI-Agentin und Anthony Hopkins als Serienmörder Hannibal Lecter. Wie der Regisseur Jonathan Demme damals wirkungsvoll den Schrecken inszeniert, wie er die Erwartungen der Zuschauer genasführt hat, das haben seitdem viele Kollegen Schnitt um Schnitt, Kamerablick um Kamerablick studiert und kopiert. Berühmt ist die Szene einer Obduktion: Zuschauer schworen anschließend Stein und Bein, sie hätten ganz Grässliches gesehen. Dabei zeigt Demme nur, wie sich die Polizisten eine Salbe unter die Nase schmieren, um den furchtbaren Gestank nicht voll abzubekommen, der sie am Seziertisch erwartet.

 

Das Erstaunliche dabei: Der 1944 geborene Demme, der sein Handwerk beim findigen Low-Budget-Papst Roger Corman gelernt hatte, galt bis dahin gar nicht als Mann fürs Knallharte und Nervenfetzende. Seinen Namen hatte er sich in den Achtzigern mit einer Folge von Komödien gemacht: „Melvin und Howard“ (1980), „Something Wild – Gefährliche Freundin“ (1986), „Married to the Mob – Die Mafiosi-Braut“ (1989). Aber wer genauer hingeschaut und wer nicht nur aufs Box Office geblickt hatte, der konnte da schon wissen, was für ein vielseitiger, neugieriger Regisseur Jonathan Demme war. 1984 hatte er den Konzertfilm „Stop Making Sense“ von 1984 mit den Talking Heads vorgelegt, und der war nicht nur kurz ein Hit bei Fans der Band, er entwickelte sich zum modernen Klassiker. Bis heute urteilen manche Kollegen und Kritiker, dies sei der beste Konzertfilm aller Zeiten.

Kein Mann für Machtspiele

Aber es war dann doch „Das Schweigen der Lämmer“, das Demme seinen ersten und einzigen Oscar brachte. was ihm, der mit zickigen Stars, mit deren Agenten und mit Studioapparatschiks einigen Ärger gehabt hatte, ein wenig Luft verschaffte, die er gleich auch nutzte. Sein Aids-Drama „Philadelphia“ (1993) mit Tom Hanks in der Hauptrolle brach Hollywood-Tabus: Schwulsein war eigentlich sowieso kein Thema für die Traumfabrik, die Anklage der Mehrheits-Vorurteile schon gar nicht, und ein Megastar mit so glänzenden Aussichten wie Tom Hanks in der Rolle eines Homosexuellen bis dato unvorstellbar.

Demme blieb vielseitig, bedacht, bescheiden, er war eigentlich nicht geschaffen für die endlosen Macht- und Statuskämpfe der Filmindustrie. Und er kam sichtlich immer schlechter mit den Einmischungen durch Produzenten zurecht, die ihrem Publikum beständig weniger zutrauten und die Filme immer greller, gröber, lauter und vulgärer haben wollten. Demmes Filme der Achtziger und Neunziger scheinen im Zeitalter der Superheldenspektakel aus einer ganz anderen Epoche zu stammen. Demme drehte lieber eine Folge Musikdokumentationen mit seinem Freund Neil Young, die dessen Wesen besser fassen als manche der CDs des Musikers, etwa „Neil Young: Journeys“ von 2011. Filmemachen lohne sich doch nur, hat er gesagt, wenn man die Chance bekomme, sein Bestes zu geben. Am 26. April ist Jonathan Demme nun im Alter von 73 Jahren in New York gestorben.