Der Hollywood-Star Leonardo DiCaprio war bei den Dreharbeiten zu seinem neuen Film „The Revenant – Der Rückkehrer“ gefordert wie noch nie. Im Interview spricht er auch über den VW-Skandal und den Klimawandel.

New York - Müde und erschöpft sieht Leonardo DiCaprio aus, als er in Jeans und T-Shirt im Oktober 2015 dreitagebärtig zum Interview in einer Hotelsuite im New Yorker Stadtteil Soho vor einem sitzt. Das passt ganz gut zu seinem neuen Film „The Revenant – Der Rückkehrer“, Alejandro G. Iñárritus auf wahren Begebenheiten basierender, bildgewaltiger Geschichte des Trappers Hugh Glass, der sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts zunächst mit seinem Sohn und einigen finsteren Wegbegleitern, schließlich aber mutterseelenalleine und schwer verletzt durch die unzivilisierte Landschaft Nordamerikas schlagen muss. Und tatsächlich steckt ihm der Dreh noch in den Knochen, für den er körperlich an seine Grenzen ging. Vom Herbst 2014 an zog sich die turbulente und von diversen Problemen geplagte Produktion bis in den August hin. Den dringend nötigen Urlaub hat er für den Pressetag trotzdem gerne unterbrochen. Denn selten, so sagt der 41-jährige, war er auf einen seiner Filme stolzer. „The Revenant“ kommt am 6. Januar in die deutschen Kinos.

 
Mr. DiCaprio, woher kommt Ihr Hang zu diesen unglaublich düsteren, anstrengenden Rollen, die Sie in letzter Zeit spielen?
Wenn ich das wüsste. Es würde mich nicht wundern, wenn sich das alles auf meine deutsche Großmutter zurückführen ließe. Die war in ihrem Leben auf jeden Fall immer richtig hart im nehmen. Aber wissen Sie was? Mit meinen früheren Rollen würde ich „The Revenant“ wirklich nicht vergleichen. Einige von denen waren hart. Aber das hier war die härteste von allen.
Wollten Sie sie deshalb spielen?
Zunächst einmal war das für mich wie ein Science-Fiction-Film. Unsere Geschichte handelt zwar von einem realen Mann und spielt im 19. Jahrhundert, aber in einer Gegend, über die es kaum historische Aufzeichnungen gibt. Das war damals ein vollkommen unerschlossenes Gebiet, wild wie das Amazonas-Delta. Und in dieser Welt erzählen wir nun eine Geschichte darüber, wie weit der menschliche Geist gehen kann, wenn er mit aller Macht und gegen alle Widerstände ums Überleben kämpft.
Wussten Sie denn, worauf Sie sich einlassen?
Mir war schon klar, dass Alejandro González Iñárritu, der Regisseur, aus der Sache kein Kinderspiel machen würde. Wenn es bei ihm um Natur geht, dann ist auch klar, dass man als Schauspieler wirklich raus in die Natur muss. Aber was mich dann erwartete, war doch nochmal um einiges schwieriger als das, was ich mir ausgemalt hatte.
Wo genau lagen denn bei diesen Dreharbeiten die Schwierigkeiten?
Zum einen dauerten sie ewig. Zwei Monate verbrachten wir allein damit, alle Szenen durchzuplanen und zu proben. Außerdem wollte Alejandro nur mit natürlichem Licht drehen – und die idealen Bedingungen gab es jeden Tag nur für ungefähr zwei Stunden. Manchmal fühlte ich mich wie beim absurden Theater: von früh bis spät waren alle mit Vorbereitungen und Proben beschäftigt, nur um dann in diesem kleinen Zeitfenster eine einzige perfekte Aufnahme hinzubekommen. So etwas hatte ich noch nie erlebt. Ganz zu schweigen davon, dass wir meistens fernab jeglicher Zivilisation gedreht haben. Manchmal war es so kalt, dass die Kameras nicht funktionierten. Aber die Dreharbeiten dauerten so lange, dass irgendwann der Frühling kam. Es war in Kanada das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, also fing plötzlich der Schnee an zu schmelzen. Einige Szenen mussten wir deswegen im verschneiten Süden von Argentinien zu Ende drehen.
Kann man sich denn noch aufs Spielen konzentrieren, wenn man so fürchterlich friert?
Ich glaube, es gab wirklich keinen einzigen Tag, an dem ich nicht gefroren habe. Und nirgends schlimmer als an den Händen. Aber genau das sollte ja am Ende auch auf der Leinwand zu sehen sein, schließlich ging es meiner Figur nicht anders. Für mich ist der Film deswegen beinahe reinster Neo-Realismus, von meinen durchnässten Klamotten bis hin zum zotteligen Bart in meinem Gesicht.
Gab es Momente, in denen Sie das Gefühl hatten, Sie können nicht mehr?
Ich glaube, jeder einzelne an dem Film Beteiligte hatte dieses Gefühl während der Dreharbeiten immer wieder mal.