Beim offiziellen Startschuss zum Streckenausbau erklärt der Zweckverbandschef Reinhold Bauer, dass für acht neue Fahrzeuge acht Millionen Euro zur Debatte stehen.

Holzgerlingen - „Dies ist ein Freudentag für den Kreis Böblingen“, sagte der Landrat Roland Bernhard beim offiziellen Startschuss zum Ausbau der Schönbuchbahn am Dienstag. Zu den Festgästen zählte der Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), der ihm beipflichtete und auf die Bedeutung der Strecke zwischen Böblingen und Dettenhausen hinwies, die bis Dezember nächsten Jahres elektrifiziert sein soll. Der Ausbau mit zweigleisigen Teilstrecken zwischen Böblingen und Holzgerlingen kostet 94 Millionen Euro. Zudem investiert der Zweckverband Schönbuchbahn rund 53 Millionen Euro in neue Elektrofahrzeuge.

 

Zahl der Fahrgäste auf fast 10 000 täglich gestiegen

„Das ist mutig“, sagte Hermann, „aber auch wichtig.“ Seit der Reaktivierung der Bahn im Jahr 1996 bis heute sei die Zahl der Fahrgäste, die die Bahn täglich nutzen, von 4000 auf fast 10 000 gestiegen. „Damit ist die Grenze der Belastbarkeit erreicht, sodass die Bahn fit gemacht werden muss für die Zukunft“, betonte der Minister. Auf sein Drängen richtete das Land einen Topf mit 60 Millionen Euro ein, aus dem in den nächsten drei Jahren Ersatzfahrzeuge in Baden-Württemberg bezuschusst werden. Hermann wies darauf hin, dass es überall Begehrlichkeiten gebe und das Geld gut verteilt werden müsse. „Den Kreis Böblingen können wir nicht allein bedenken“, stellte er klar. Mit dem Zuschuss von 37,5 Millionen Euro für den Ausbau und die Elektrifizierung der Schönbuchbahn sei das Land bereits an die Grenzen des Möglichen gegangen.

Laut Reinhold Bauer, dem Geschäftsführer des Zweckverbands, seien für acht neue Fahrzeuge, welche die acht alten Dieselwagen ersetzen sollen, insgesamt acht Millionen Euro im Gespräch. Der Verband hat bei dem spanischen Hersteller CAF neun moderne Wagen bestellt – einen mehr, damit man gut über die Runden kommt. „Ich stelle heute keine Forderung an das Land“, sagte der Landrat. „Aber wir können nicht im Regen stehen bleiben, wenn wir die neuen Fahrzeuge finanzieren müssen“, appellierte Bernhard an die Landesregierung.

Neue Wagen werden wohl erst im Frühjahr 2021 geliefert

Die leichteren und schnelleren Wagen können laut Bauer erst im Frühjahr 2021 geliefert werden. Bis dahin sollen die alten Dieselwagen und geliehene Elektrofahrzeuge zum Einsatz kommen. Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember nächsten Jahres sollen die Elektrifizierung und der Streckenausbau abgeschlossen sein, sodass die Bahn zwischen Holzgerlingen und Böblingen dann im 15-Minuten-Takt fahren kann.

„Das ist ein sehr sportlicher Zeitplan“, räumte Bauer ein. Durch den Fund von Zauneidechsen, die umgesiedelt werden mussten, sei man einige Wochen in Verzug geraten. Auch beim Bau des Betriebsbahnhofes in Böblingen, der allein 20 Millionen Euro verschlingt, sei es nicht so rasch vorangegangen wie geplant. Schuld daran seien Bombenfunde und alte Kabel, die entfernt werden mussten. „Wir versuchen, diesen Verzug wieder aufzuholen“, versprach Bauer. Erreicht werden soll dies durch einen veränderten Bauablauf und den Einsatz von mehr Personal. Dafür rechnet man mit Mehrkosten in Höhe von 2,2 Millionen Euro. Ursprünglich hatte der Zweckverband für den Ausbau knapp 92 Millionen Euro kalkuliert.

Kreis gibt für den Straßenbau 42 Millionen Euro aus

„Wir hoffen, dass sich die Investition lohnt und wir noch mehr Pendler auf die Schiene bekommen“, sagte Bernhard. Im Übrigen stecke der Kreis bis zum Jahr 2022 insgesamt 42 Millionen Euro in die Sanierung und den Ausbau von Straßen.

In der Feierstunde mit Politikern sowie Vertretern von Verbänden und aus der Wirtschaft blickte der Landrat zurück: „Die Schönbuchbahn war schon für tot erklärt worden“, erinnerte er sich. Vor 51 Jahren war die Strecke still gelegt worden, weil immer weniger Fahrgäste die Bahn genutzt hatten. Viele Pendler, die zur Arbeit nach Böblingen und Sindelfingen fuhren, waren auf das Auto umgestiegen. „Jetzt benötigen wir die Bahn mehr denn je. Nicht nur der Staus wegen, sondern auch, um die Umwelt zu entlasten“, sagte Hermann.

Zunächst aber ist die gesamte Strecke noch bis Ende der Woche gesperrt. Zum Schuljahresbeginn werden die Bahnen von Dettenhausen bis Holzgerlingen fahren, danach werden Busse eingesetzt, die in Stoßzeiten alle 15 Minuten fahren.

Lärm und Sperrungen

Baufortschritt:
Seit am 1. Juli die Strecke der Schönbuchbahn gesperrt worden ist, laufen in Böblingen und Holzgerlingen die Arbeiten zur Elektrifizierung der Bahn auf Hochtouren. Verschiedene Straßen und Wege müssen gesperrt werden, was den Verkehr an mehreren Stellen beeinträchtigt. Ein Newsletter informiert Anwohner, Bahn- und Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger über den Baufortschritt und den Schienenersatzverkehr (Kontakt im Internet: www.schoenbuchbahn.de/newsletter).

Holzgerlingen:
An der Aral-Tankstelle an der Bundesstraße 464 und den Gleisen wird ein neuer Regenwasserkanal verlegt. Zudem kommen Leerrohre für Telefon und Breitbandkabel in den Boden. Auch bei der Beseitigung des Bahnübergangs in der Böblinger Straße geht es voran. Damit die Schönbuchbahn unter der Straße hindurch fahren kann, wird ein Trog gebaut. Von Mitte September an sind dafür Rammarbeiten nötig. Mit Lärm und Erschütterungen ist zu rechnen. Gearbeitet wird wochentags von 7 Uhr bis 20 Uhr.

Böblingen:
Bis voraussichtlich Ende Juni nächsten Jahres ist die Herrenberger Straße zwischen der Breslauer und der Kremser Straße gesperrt, weil für den Individualverkehr eine Unterführung gebaut wird. Zudem müssen im Wald zwischen Holzgerlingen und Böblingen-Zimmerschlag für den zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke die jetzige eingleisige Strecke abgetragen und der neue Unterbau eingebracht werden. Gleise, Schwellen und Schotter werden ab- und antransportiert. Dazu sind in den kommenden Wochen schwere Lastwagen und Baumaschinen unterwegs. Damit die Arbeiten zügig vorankommen – vor allem auch aus Sicherheitsgründen – sei es unerlässlich, so das Landratsamt, dass Radfahrer und Fußgänger die ausgeschilderten Umleitungsstrecken nutzen und sich nicht im Baubereich aufhalten.