Timo Marc gilt als Harry Potter des Schönbuch-Gymnasium: Sein Fach stand nicht auf dem Lehrplan, er ist der Meisterschüler einer außergewöhnlichen Arbeitsgemeinschaft. An der Schule absolvierte er vor 25 Jahren seinen ersten Auftritt.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Holzgerlingen - Ein Schatten- und ein Fernsehspiel haben Timo Marc den Durchbruch beschert. Hinter einem weißen Vorhang wachsen ihm eine Nase so lang wie bei Pinocchio und vier zusätzliche Hände. Am verrücktesten wird die Vorführung aber, wenn er sich den Kopf abnimmt und über das Tuch hinaus ins Publikum lugt. Auch mit einem Bildschirm kann der 35-Jährige ziemlich viel anstellen: zum Beispiel mit einem Pinsel Schmetterlinge darauf malen, die dann aus der Flimmerkiste fliegen. „Dafür bekam ich bei einer Weltmeisterschaft Standing Ovations“, erzählt er. Den Titel holte er zwar nicht, aber dafür folgten dem Applaus Auftritte als Zauberer in mehr als 40 Ländern. Internationale Preise hat er mittlerweile auch eine Menge eingeheimst. Sein 25-jähriges Bühnenjubiläum feiert er allerdings in der Heimat, wo alles begann.

 

Ein Seiltrick hat eingeschlagen

Bei der Einschulung ins Schönbuch-Gymnasium entdeckte Timo Marc seine Leidenschaft: Ein älterer Mitschüler zauberte dort aus einem Seil zwei und wieder eines, verknotete und entwirrte es. „Das hat bei mir eingeschlagen“, erzählt er. Die Werbung für die außergewöhnliche Arbeitsgemeinschaft, in der seit 1984 Gymnasiasten sich gegenseitig magische Tricks beibringen, fruchtete bei dem Jungen. „Es war toll, in der Gruppe hinter die Geheimnisse zu kommen“, sagt er. Seine anderen Hobbys wie Handball verloren dagegen nach und nach ihren Reiz. Eberhard Riese, der Präsident des Magischen Zirkels von Deutschland, nennt Timo Marc deshalb den Harry Potter des Schönbuch-Gymnasiums: Er sei „der Meisterschüler par excellence“, lobt ihn der Vorsitzende des Zauberervereins zum Berufsjubiläum.

Auch wenn Timo Marc seinen Kopf abnehmen kann, ihn verdreht hat die Zauberei nicht. Als Sicherheitsdenker beschreibt er sich selbst und erklärt so die Banklehre nach dem Abitur. Aber abwegig war dieser Schritt dann doch nicht, weil er ihm die Grundausbildung für den Sprung ins professionelle Künstlerdasein einbrachte. Mit Geld umgehen, ein Büro organisieren und das Verkaufen ist auch jetzt sein Geschäft. Und während er bis zum Jahr 2006 in Teilzeit mit Finanzen jonglierte, sammelte er in Hunderten von Auftritten mit der Kabarettistin Wommy Wonder Bühnenerfahrung. „Mir war klar, ich musste mein eigenes Ding entwickeln“, sagt er über die nächste Stufe – denn als Seilzauberer geht es kaum international nach oben.

Seine Illusionen setzte er mit der Zauber-AG um

Die Illusionen, die sich Timo Marc in dieser Phase machte, setzte er mit seinem altbekannten Netzwerk von der Zauber-AG um: für die Requisite ist ein Kumpel aus der Schulzeit zuständig und für die Technik ein anderer. „Blue Vision“ heißt das Ergebnis mit dem Schatten- und dem Fernsehspiel, das ihm den Erfolg einbrachte, „Visual Magic made in Germany“ nennt er sein Programm. „Jeder Mensch auf der ganzen Welt versteht es“, erklärt der 35-Jährige das Konzept. Lustige Grimassen schneidet er zu den sehr bildlichen Tricks, tanzt zu fröhlicher Musik und sorgt damit im Publikum für gute Laune. Er hat die Nummer schon tausende Male vorgeführt: auf einer Tour durch Kanada, in einer kolumbianischen Fernsehshow, auf einer großen Bühne in Indien, bei Festivals in China.

Die andere Hälfte vom Jahr verbringt Timo Marc im von der Oma geerbten Häuschen in Weil im Schönbuch. „Ich habe es immer mehr zu schätzen gelernt, was ich an meiner Heimat habe“, sagt er: Butterbrezeln sind das eine, der Freundeskreis das andere – und seit fünf Jahren ist es auch das Holzgerlinger Varieté. Der Bürgermeister Wilfried Dölker kam mit der Idee auf den Zauberer zu. Seither holt er seine Kollegen aus dem Showbusiness in die Provinz. Die fünfte Ausgabe steht jetzt unter dem Motto „25 Jahre Timo Marc“. Das Varieté im März ist meistens Monate vorher ausverkauft, die Stadthalle hat er deshalb bereits bis zum Jahr 2020 reserviert. „Der frühe Vogel fängt den Wurm“, sagt der Meisterschüler der Stadt, dessen Kopf trotz aller Auftritte so gar nicht verrückt ist.