Zugunsten homosexueller Lebenspartnerschaften ändert Schwarz-Rot 33 Gesetze auf einen Streich. Ein Durchbruch zur echten Gleichstellung ist das jedoch nicht, analysiert Bärbel Krauß.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Die schiere Zahl ist so eindrucksvoll, dass der zuständige Minister sich bei der jüngsten Beschreibung dieses Gesetzesvorhabens sogar verzählt hat. „Wir werden in 23 verschiedenen Gesetzen und Verordnungen die Vorschriften für die Ehe auf Lebenspartnerschaft ausdehnen“, sagte der Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) nach dem irischen Referendum zur Gleichstellung der Homo-Ehe. Doch damit hat der Minister unabsichtlich tief gestapelt. Denn es geht sogar um 33 Verordnungen und Paragrafen, in denen traditionelle Ehen und gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften ohne sachliche Begründung bisher unterschiedlich behandelt wurden. Diese Unterschiede werden jetzt aufgehoben, so wie es Union und SPD im Koalitionsvertrag festgelegt haben. „Rechtliche Regelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter stellen, werden wir beseitigen“, heißt es dort.

 

Nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zur Gleichstellung

Diesen Mittwoch soll der Entwurf des „Gesetzes zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner“ im Kabinett beraten werden. Doch so hoch die Zahl der betroffenen Gesetze auch ist, ein Durchbruch bei der Besserstellung homosexueller Paare ist die Novelle nicht. Maas spricht von einem „weiteren Schritt auf dem Weg zur umfassenden Gleichstellung“. Letztere sei in der Koalition mit der Union „leider nur schwer realisierbar“, fügte er hinzu.

Wirklich neu ist lediglich, dass Homosexuelle, die mit einem Partner im Ausland eine Lebenspartnerschaft eingehen wollen, sich eine Bescheinigung ähnlich dem „Ehefähigkeitszeugnis“ ausstellen lassen können. Der Schein ist Voraussetzung dafür, diesen Weg überhaupt beschreiten zu können. Ansonsten geht es um Zivil- und Verfahrensvorschriften in verschiedensten Bereichen: Bei Laufbahnen im öffentlichen Dienst (vom Verfassungsschutz über die Wehrverwaltung bis zum Bibliotheksdienst ), bei der Weiternutzung von Schrebergärten nach dem Tod des Partners (geregelt im Schuldrechtsanpassungsgesetz) dem Verbot von Bigamie (Strafgesetzbuch) oder den Regeln zur Vererbung von Bauernhöfen in gemeinschaftlichem Besitz (Höfeordnung) werden Eheleute und Lebenspartner gleich gestellt.

In Deutschland waren homosexuelle Beziehungen sehr lange strafbar. Bis 1969 galten gleichgeschlechtliche Beziehungen als „widernatürliche Unzucht“. 2001 schuf die rot-grüne Koalition die Möglichkeit zur eingetragenen Lebenspartnerschaft. Vier Jahre später wurde das Lebenspartnerschaftsrecht weitgehend an das Eherecht angeglichen. Das Bundesverfassungsgericht hat viel zu dieser Entwicklung beigetragen, indem es auf die Gleichbehandlung beider Lebensformen bei Hinterbliebenenrente, Erbschaft, Schenkung, Bafög, Grunderwerbsteuer und beim Ehegattensplitting drang.

Nils Schmid plädiert für Volksabstimmung in Deutschland

Grundsätzlich sind Lebenspartnerschaften nach wie vor nicht mit der Ehe gleichgestellt. Vor allem beim Adoptionsrecht bestehen Unterschiede fort. Deshalb fordert der Stuttgarter Finanzminister und Vizeministerpräsident Nils Schmid (SPD) ein Referendum zu diesem Thema. „Das Volk soll auch in Deutschland über die Öffnung der Ehe entscheiden können“, sagte er. Das Thema „eignet sich auch bei uns hervorragend für eine Volksabstimmung.“ Der Vize-Vorsitzende der CDU, Thomas Strobl, bekräftigte das Nein zu einer Gleichstellung homosexueller Paare und verwies auf den Koalitionsvertrag. „Wir sollten uns an unsere Verabredungen halten“, mahnte er. Für die Südwest-Grünen hat Landeschef Oliver Hildenbrand Strobls Standpunkt zurückgewiesen. „Irland ist möglich, auch bei uns in Deutschland: Einzig und allein die Union stellt sich der Gleichstellung in den Weg und hält an der Benachteiligung gleichgeschlechtlich Liebender fest.“