Das interne Papier des Kultusministeriums zum Umgang mit sexueller Vielfalt sorgt weiter für Zündstoff. Der Landesschülerbeirat unterstützt die Landesregierung. Der Philologenverband aber warnt Grün-Rot davor, sich in der Schule nur auf Sexualität zu beschränken.

Das interne Papier des Kultusministeriums zum Umgang mit sexueller Vielfalt sorgt weiter für Zündstoff. Der Landesschülerbeirat unterstützt die Landesregierung. Der Philologenverband aber warnt Grün-Rot davor, sich in der Schule nur auf Sexualität zu beschränken.

 

Stuttgart/Hamburg - Die Pläne der grün-roten Landesregierung, das Thema Sexualität stärker im Unterricht zu verankern, sorgen weiter für heftige Diskussionen. Baden-Württembergs Landeschülerbeirat unterstützt den Bildungsplan und warnt vor Panikmache. „Die sexuelle Vielfalt ist doch ein Teil unserer Gesellschaft, warum sollte sie nicht im Unterricht vorkommen“, sagte der Vorsitzende des Landesschülerbeirates Baden-Württemberg und Vorstand der Bundesschülerkonferenz Deutschland, Christian Stärk, in „Spiegel Online“.

Sexuelle Identität finde man nicht in der Schule, diese habe man, betonte Stärk. „Niemand wird wegen des Bildungsplans schwul oder hetero. Die Pubertät ist die Zeit zum Ausprobieren, und da ist es doch befreiend zu wissen, dass alle Richtungen okay sind. Ich finde die Argumente realitätsfern und noch schlimmer: Solche Ablehnung fördert Homophobie“, erklärte der 20-Jährige aus Meersburg (Bodenseekreis). Auch homosexuelle Lehrer outeten sich eher nicht, aus Angst, von Schülern bloßgestellt zu werden oder blöde Kommentare über sich ergehen zu lassen, sagte Stärk.

SPD stellt sich hinter Stoch

Die SPD stärkte ihrem Kultusminister Andreas Stoch unterdessen den Rücken. In einer am Samstag in Stuttgart verabschiedeten Resolution stellt sich die SPD hinter die geplante Reform der Bildungspläne. Parteichef Nils Schmid sagte beim traditionellen Spitzentreffen seiner Partei, die Vermeidung von Diskriminierung jeder Art müsse Teil der Bildungspläne sein. Die SPD verurteilte die von Zehntausenden unterstützte Petition, die sich gegen eine Aufwertung des Themas Homosexualität im Unterricht wendet. Sie zeichne Zerrbilder und versuche, Ängste zu schüren.

In einem internen Papier des Kultusressorts sind als Leitlinien für den Bildungsplan 2015 unter anderem berufliche Orientierung, nachhaltige Entwicklung, Medienbildung vorgesehen; sie sollen auch unter dem Aspekt sexueller Toleranz gesehen werden. Diese Ausschließlichkeit hält der Chef des Landes-Philologenverbandes, Bernd Saur, für unglücklich. Toleranz könne auch anhand von Kriterien wie Religion, Herkunft oder Hautfarbe durchgespielt werden.

Wenige homosexuelle Polizisten wagen Coming out

Nach Angaben des Bundesvorsitzenden des Verbands für lesbische und schwule Polizeibedienstete, Thomas Ulmer (51), schrecken auch viele schwule und lesbische Polizeibeamte in Deutschland davor zurück, sich zu outen. „Homosexualität ist auch bei der Polizei nach wie vor leider ein Tabu-Thema. Viele Kollegen haben Angst davor, sich dazu zu bekennen.“ Die Beamten befürchteten, dass ein Coming-Out wie das des früheren Fußball-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger einen Karriereknick nach sich ziehen könnten, sagte Ulmer der Nachrichtenagentur dpa.

Volker Beck, innenpolitischer Sprecher der Grünen in Berlin, forderte FDP-Chef Christian Lindner auf, „sein donnerndes Schweigen“ zu diskriminierenden Tönen aus der FDP Baden-Württemberg zu brechen. „Die FDP muss klären, wo sie steht: Auf der Seite von Aufklärung und Toleranz - und damit beim Bildungsplan auf Seiten von Grün-Rot in Baden-Württemberg - oder auf der Seite derer, die mit antihomosexuellen Ressentiments Stimmung gegen die Landesregierung Baden-Württemberg machen.“

Der baden-württembergische FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke hatte im Zusammenhang mit dem Bildungsplan gesagt, für die FDP sei die Familie die wichtigste Lebensform. Seine Überzeugung sei, dass Familien, wo Kinder sind, die für die Gesellschaft wertvollste Lebensform sei. Es sei aber unzutreffend, dass er gleichgeschlechtliche Partnerschaften abqualifiziert habe.

Bis zum Samstagnachmittag unterzeichneten fast 95.000 Gegner der grün-roten Pläne eine Petition. Bei den Befürwortern des Anliegens von Grün-Rot, die auch eine eigene Petition im Internet gestartet haben, waren es zum gleichen Zeitpunkt rund 33.500.