Zwei Polizeibeamte haben vor Gericht geschildert, wie sie im März von VfB-Ultras nach dem Heimspiel gegen Hertha BSC attackiert worden sind. Einem 18 Jahre alten Mann wirft die Stuttgarter Staatsanwaltschaft versuchten Totschlag vor.

Stuttgart - Die Aussage von zwei Polizeibeamten hat am Dienstag vor der 4. Großen Jugendstrafkammer des Stuttgarter Landgerichts im Mittelpunkt des dritten Verhandlungstages gegen einen 18 Jahre alten Mann gestanden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten versuchten Totschlag vor. Er soll am 6. März nach der Partie VfB Stuttgart – Hertha im Pulk mit anderen VfB-Ultras einen Polizisten attackiert und verletzt haben. Der Student hat bereits – wie berichtet – an einem früheren Verhandlungstag gestanden, eine aus einem Parkhaus entwendete Schranke auf einen Polizeibeamten geworfen zu haben.

 

„Wir sahen uns in der Eisenbahnstraße in Bad Cannstatt plötzlich einem lauten und extrem aggressiven Mob gegenüber“, schilderte ein 44 Jahre alter Obermeister der Hundestaffel dem Gericht. Er und sein Kollege hätten den Pulk mit ihren Hunden auf „drei bis fünf Meter Distanz“ gehalten. „Es gab eine massive Aggression aus dem Pulk der 50 bis 80 schwarz Vermummten heraus.“ Viele Dinge – etwa Schottersteine und Bierflaschen – hätten ihren Einsatzwagen getroffen. Auf ihn selbst seien ein Montiereisen und zwei Pflastersteine geworfen worden. Diesen Wurfgeschossen habe er ausweichen können. „Dann hat mich aber ein Gegenstand am Kopf erwischt.“ Er habe etwas in der Größe einer Schranke auf sich zufliegen sehen und einen Schmerz an der Stirn gespürt.

Mob mit Warnschüssen auf Abstand gehalten

„Daran erinnere ich mich nicht“, antwortete er auf die Frage der Vorsitzenden Richterin Cornelie Eßlinger-Graf, ob die Menge daraufhin gejohlt und jemand „Treffer“ gerufen habe. „Als ich kurz darauf aber meinen Kollegen am Boden liegen sah, hatte ich Angst um mein und sein Leben“, betonte der 44-Jährige. Deshalb habe er seine Dienstwaffe gezogen und drei Warn- und Signalschüsse in die Luft abgegeben, „um den Mob auf Abstand zu halten und Kollegen zu alarmieren“. Unmittelbar danach hätten andere Polizeikräfte die aggressive Menge vertrieben.

„Das mit der Schranke war ich“, sagte der Angeklagte, der den Polizeibeamten um Entschuldigung bat. Er glaube schon, dass es ihm leid tue, entgegnete dieser. „Die Entschuldigung kann ich aber nur annehmen, wenn sie dem Gericht auch die Namen weiterer Werfer nennen.“

Thema Fußball und VfB erledigt

„Das war eine schwere Ausnahmesituation“, erklärte sein 35 Jahre alter Polizeikollege dem Gericht. „Hey, die sind ja nur zweit“, habe jemand aus dem sich „mit schnellen Schritten“ nähernden Mob gerufen. Anfangs seien Feuerzeuge, dann aber auch Steine geflogen. „Mein Hund wurde von der Seite getreten, mich traf ein Schotterstein am Kopf“, erklärte der Hauptkommissar. Er habe eine Platzwunde davongetragen, ein Auge sei angeschwollen. Die drei Warnschüsse seines Kollegen habe er in diesem Moment gar nicht wahrgenommen. „Seit diesem Einsatz ist das Thema Fußball und VfB für mich erledigt.“