Die Leiterin des Horts an der deutsch-französischen Grundschule hat offenbar gekündigt, ohne sich von den Kindern zu verabschiedet. Das ist nur ein Ereignis, das Eltern nicht verstehen. Aus ihrer Sicht ist einiges im Argen, seit der Träger gewechselt hat.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Sillenbuch - Den Eltern gefällt nicht, wie sich die Dinge seit Sommer 2014 entwickeln. Deshalb gehen Christoph Roth, Bénédicte Schneck und Claire Cantarellas an die Öffentlichkeit. Auch wenn sie nur zu dritt am Tisch sitzen, seien sie nicht die Einzigen, die sich Sorgen machen, betonen sie. Es geht um die Nachmittagsbetreuung ihrer Kinder an der deutsch-französischen Grundschule in Sillenbuch.

 

150 Plätze statt wie bisher 100

Seit 1. September 2014 heißt der Träger nicht mehr „ganz und gar Betreuung“, und es gibt Plätze für 150 statt wie bisher für 100 Kinder. Der kleine Verein wurde von der Stuttgarter Jugendhausgesellschaft abgelöst. Ein Umstand, der den Sillenbucher Vater Christoph Roth bei einem Elternabend Ende Juni 2014 optimistisch stimmte. Zumal die Erzieher der „ganz und gar Betreuung“ von der Jugendhausgesellschaft übernommen worden sind. „Das, was ich gehört habe, klang nach einer guten Zukunft“, sagt er.

Bénédicte Schneck war damals weniger zuversichtlich: „Ich verlasse mich sehr auf mein Bauchgefühl, und das war nicht das beste.“ Im Vergleich zur kleinen „ganz und gar Betreuung“ sei die Jugendhausgesellschaft ein Riesenbetrieb. Ein halbes Jahr später gibt Roth ihr recht. Weil sich die Dinge seit dem Trägerwechsel eher zum Schlechten gewendet hätten.

Das erste Ereignis, das Roth und die anderen Eltern nach dem Wechsel aufmerken ließ, war der überraschende Weggang der bisherigen Hortleiterin. Manche Eltern wie Schneck und Roth haben davon nur inoffiziell erfahren. Es heißt, die Hortleiterin habe sich nicht mal von den Kindern verabschiedet. Roth, Schneck und Cantarellas hat das aufgeschreckt, weil es so gar nicht zu der Frau passen wollte, die sie kennengelernt hatten. Das Verhältnis sei herzlich gewesen, sagt Roth. Auf eine nachvollziehbare Erklärung vom neuen Träger warten sie bis heute.

Damaris Scholler, die Schulleiterin, hat keine. Sie habe versucht, eine zu finden, „aber ich bin gegen eine Wand gelaufen“. Sie zeigt sich wie die Eltern schockiert. „Ich bin kalt erwischt worden.“ Umso froher sei sie, dass nun eine neue Hortleiterin da ist. „Sie geht Themen an“, sagt Annette Homberg, die Vorsitzende des Elternbeirats. Bei der „ganz und gar Betreuung“ sei „pädagogisch ein bisschen der Stillstand eingetreten“, erläutert Homberg. „Und das Programm war sehr mädchenlastig.“ Die Qualität sei gut gewesen, „aber es geht immer auch noch eins nach oben“, sagt Scholler. Bei Verbesserungsvorschlägen sei man auf Granit gestoßen, sagt Homberg.

Kinder standen vor verschlossener Tür

Die Eltern freuen sich ebenfalls, dass es wieder eine Hortleiterin gibt. Dass sie kein Französisch spricht, sei für viele der französischen Eltern jedoch ein Unding. „Das Bilinguale ist der Sinn unserer Schule“, sagt Cantarellas. Laut Scholler spricht die Stellvertreterin Französisch.

Abgesehen von Personalfragen sehen die Eltern auch inhaltliche Veränderungen kritisch. Zum Beispiel, dass die Altersgruppen neuerdings gemischt sind. Dass Erstklässler nachmittags in einer Spiel- vielleicht besser aufgehoben sind als in einer Kochgruppe, sei zum Beispiel nicht mehr berücksichtigt. Und das, obwohl schon vorgekommen sein soll, dass Erstklässler beim Gemüseschneiden eingeschlafen sind, weil sie vom Tag geschlaucht waren. „Altersmischung hat auch ihre guten Seiten“, erwidert die Schulleiterin Scholler und meint „gegenseitiges Lernen“.

Die Eltern haben zudem den Eindruck, dass einiges chaotisch läuft, seit die Jugendhausgesellschaft der Träger ist. Bénédicte Schneck erzählt, dass ihre Tochter, eine Zweitklässlerin, vor den Weihnachtsferien mit anderen Kinder vor einer verschlossenen Horttür gestanden habe. Die Erzieherin war wohl krank geworden. Es seit unklar, wie lang die Kinder sich selbst überlassen waren, sagt sie. Sie habe sich schriftlich bei der Jugendhausgesellschaft beschwert. Eine Antwort habe sie nicht bekommen.

Die deutsch-französische Grundschule soll Ganztagsschule werden. Die Eltern vermuten, dass die Verantwortlichen viel Energie in die Vorbereitungen stecken. Es heiße stets, in zwei Jahren habe sich alles eingependelt. Ein Argument, das Claire Cantarellas nicht gelten lässt: „Unsere Kinder sind jetzt auf der Schule.“ Sie und die anderen wollen darauf drängen, dass sich die Qualität der Betreuung verbessert. „Wir wollen keine Aufbewahrung“, sagt Roth.

„Die Erzieher“, sagt er, „sind nach wie vor mit Herzblut bei den Kindern“. Aber sie wirken überlastet. Es heißt, der Krankenstand sei im Herbst sehr hoch gewesen. Von den Erziehern ist dazu nichts zu erfahren, sie wollen nicht mit der Zeitung sprechen.

Der Träger weiß nichts von Turbulenzen

Zu Andreas Dobers von der Jugendhausgesellschaft ist von Turbulenzen bisher nichts durchgedrungen. „Ich wüsste nicht, warum es das geben sollte“, sagt er. „Die Mitarbeiter haben ihre Arbeitsstruktur behalten, meines Erachtens sind sie alle zufrieden. Ich weiß nicht, wo diese Eltern das herhaben, das bleibt deren Geheimnis.“ Dobers verweist darauf, dass im Hort 50 Kinder mehr als früher betreut würden, das bringe zwangsläufig Veränderungen mit sich. „Wenn man sagt: Mit 100 war es kuschliger, kann man das als Argument anführen.“ Doch die Qualität sei mindestens erhalten, wenn nicht sogar verbessert. Dobers verweist auf einen monatlichen Jour fixe, bei dem auch Elternvertreter mit am Tisch sitzen. „Die Eltern sind beteiligt.“

Diesen festen Termin, den es vorher nicht gegeben habe, stuft auch die Vorsitzende des Elternbeirats, Annette Homberg, als Gewinn ein. Obwohl sie die Lage weniger kritisch sieht als manch andere Eltern, räumt sie ein, dass auch ihr nicht verborgen geblieben sei, dass die Erzieher schon mal glücklicher gewesen seien. „Diese Themen sind ganz oben bei den Gesprächen“, sagt sie und meint den Jour fixe. „Natürlich fragt man sich: Wie geht es den Erziehern? Wie geht es unseren Kindern?“

Einige Eltern fragen sich noch etwas anderes: Werden sich die Erzieher, die Bezugspersonen der Kinder, einen neuen Job suchen? Laut Christoph Roth wäre das der „schlimmste anzunehmende Unfall“.