Das evangelische Bildungszentrum Hospitalhof wird geräumt, vorher aber darf auf Einrichtungsgegenstände geboten werden.

Stuttgart - In der nächsten Woche werden die Mitarbeiter des Hospitalhofs ihre Büros räumen. Ihre Akten und Computer sollen in 2100 Umzugskartons Platz finden. Traurig über den Auszug aus dem evangelischen Bildungszentrum dürfte kaum jemand sein: Das Gebäude aus den 1960er Jahren ist schon lange marode, immer wieder traten Wasserschäden auf, versagte die Heizung, machte die Lüftung Probleme. Selbst über gelegentliche Schwelbrände in dem Gebäude wunderte sich keiner mehr. „Wir freuen uns auf den Neubau“, versichert Hermann Beck, oberster Finanzchef der evangelischen Kirche in Stuttgart.

 

23 Millionen Euro kostet der Neubau

Bereits im Februar soll der alte Hospitalhof mit seinem Verwaltungstrakt in der Gymnasiumstraße und seinen Veranstaltungssälen in der Büchsenstraße abgerissen werden. An seiner Stelle wird für 23 Millionen Euro ein Neubau entstehen, der sich zumindest in seinem Grundriss an das alte Dominikanerkloster anlehnt, das an dieser Stelle im 15. Jahrhundert gestanden hat. Im ersten Halbjahr 2014 soll das neue viergeschossige Backsteingebäude eröffnet werden. In der Zwischenzeit werden die Veranstaltungen an sechs alternativen Standorten weiterlaufen: im Gemeindehaus der Nordgemeinde in der Birkenwaldstraße, im CVJM-Haus in der Büchsenstraße, in der Stifts- und der Matthäuskirche, zudem soll die Berger Kirche für Konzerte und die Brenzkirche für Ausstellungen genutzt werden. „Wir hoffen, dass die Menschen uns dahin folgen“, sagt der Hospitalhofleiter Helmut Müller. Die Bildungseinrichtung auf Reisen fordert ihren Tribut: zumindest in diesem Jahr werden weniger Vorträge angeboten als üblich. Anstatt der jährlichen 400 bis 500 Veranstaltungen werden es 2012 zwischen 350 und 400 sein.

In den nächsten zwei Jahren wird auch die Hospitalkirche renoviert, in der am vergangenen Sonntag der vorerst letzte Gottesdienst gefeiert wurde. Die Gemeinde weicht bis Anfang März in die Schlosskirche, anschließend in die Leonhardskirche aus. Umgebaut werden soll vor allem der Innenraum der Kirche, im Moment laufen noch die Absprachen mit den Denkmalschützern. Von den Gesprächen hängt es ab, ob die Emporen zurückgebaut werden können. Der Pfarrer der Hospitalkirche, Eberhard Schwarz, geht von Kosten zwischen einer und 1,5 Millionen Euro aus. Die Kirche ist bereits geschlossen, der Hospitalhof noch nicht. Die 130 Mitarbeiter beziehen erst in der nächsten Woche ihr Interimsquartier in der Jägerstraße 14 bis 18, einem Gebäude der Hoechst-Pensionskasse. Über den genauen Mietpreis wollen die Kirchenleute keine Auskunft geben, die Rede ist lediglich von weniger als zehn Euro pro Quadratmeter. „Wir wollen den Umzug in fünf Tagen abgeschlossen haben“, sagt Hermann Beck. Jeden Tag wird eine Etage geräumt, die Mitarbeiter sollen nur am Umzugstag nicht erreichbar sein. Untergebracht sind im Hospitalhof landeskirchliche Dienste sowie Angestellte der Gesamtkirchengemeinde.

Von der Seifenmühle bis zum Klappstuhl

Bevor die Möbelwagen kommen, soll das Inventar des Hospitalhofs noch ein wenig schrumpfen. Deshalb wird es an diesem Freitag um 13 Uhr eine Versteigerung zu Gunsten der Stiftung Hospitalhof geben, die der Finanzchef Beck leiten wird. Unter den Hammer kommen beispielsweise die Grunella-Seifenmühlen aus den Hospitalhof-Toiletten, Klappstühle des Designers Egon Eiermann aus dem großen Saal sowie einige Designerstühle von Arne Jacobsen. Versteigert werden auch Kunstinstallationen von Tobias Rehberger, darunter ein Bühnenvorhang und eine Sitzgruppe, von denen sich der kirchliche Finanzchef Gebote von mindestens tausend Euro erhofft. Ebenfalls zu haben ist ein handsigniertes Buch des Künstlers Jonathan Meese sowie ein Skulpturenpaar von Andreas Felger. Darüber hinaus gibt es historische Postkarten, Gebetbücher, Regale, Spiegel, Türen und 25 Jahrgänge der Kunstzeitschrift Art.

Nur die wertvolleren Objekte werden versteigert, der Rest wird beim anschließenden Schnäppchenmarkt (13–18 Uhr) angeboten. Unterm Strich rechnet Beck mit einer fünfstelligen Summe, damit nähert sich der Kapitalstock der Hospitalhofstiftung der Zwei-Millionen-Euro-Marke.

Bei der Versteigerung dabei sein wird auch Helmut Müller, der die Geschäfte in der Interimsphase weiterführt, in dem Neubau das Programm aber nicht mehr gestaltet. Der Theologe freut sich trotzdem: „Wir haben lange auf den Neubau warten müssen.“ Er hofft jetzt, dass er in einer anderen Sache nicht noch einmal warten muss: auf seinen Nachfolger nämlich. „Er muss Zeit haben, sich einzuarbeiten.“ Außerdem hofft Müller darauf, dass die Besucher zu den Ausweichstätten kommen. „Wir hatten 2011 schon weniger Besucher als üblich, weil viele Menschen durch die Stuttgart-21-Proteste gebunden waren.“