Im einzigen Hospiz im Landkreis sind seit der Eröffnung vor zehn Jahren rund 850 Gäste betreut worden. Das Hospiz in Backnang war das vierte von mittlerweile sieben in der Region Stuttgart. Mitte September wird zehn Jahre Hospiz gefeiert.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Zehn Jahre Hospiz Backnang – „sollen wir dieses Jubiläum groß feiern?“ Diese Frage haben sich der geschäftsführende Vorstand des Trägervereins, Heinz Franke, und seine Mitstreiter gestellt. Vielen Menschen ist beim Gedanken an das Haus, in dem Sterbende auf ihrem letzten Weg begleitet werden, nicht unbedingt zum Feiern zu Mute. Manche wollen sich mit den Themen Sterben und Tod lieber gar nicht befassen. Und genau deshalb soll der zehnte Geburtstag des einzigen Hospizes im Landkreis nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit über die Bühne gehen.

 

Am letzten Wochenende der Sommerferien wollen die 25 hauptamtlichen und rund 150 ehrenamtlichen Mitarbeiter der Rems-Murr-Hospiz-Stiftung erzählen, was sich seit Herbst 2004 im stationären Hospiz getan hat. In dem ehemaligen Personalwohnheim des Backnanger Hospitals im Krankenhausweg 10 sind bis dato etwa 850 Männer und Frauen – sie werden als Gäste bezeichnet – betreut worden, jährlich zwischen 80 und 90. Der Umbau des Hauses hatte rund 900 000 Euro gekostet und war mit Hilfe großer und kleiner Spenden finanziert worden. Das Hospiz hat acht Betten, Fachleute sagten: Zwei Betten je 100 000 Einwohner seien ausreichend. Die Krankenkassen tragen nicht die kompletten Kosten, was, so Franke, im Grundsatz auch gut sei. Denn niemand solle Gewinn machen mit einem Hospiz.

Spenden sind zwingend notwendig

Eigentlich sei ursprünglich vereinbart worden, dass die Träger rund zehn Prozent der laufenden Kosten übernehmen. Franke, er war bis vor kurzem noch hauptberuflich als Geschäftsführer des Kreisdiakonieverbands tätig, bemängelt, dass der Hospiz-Verein mittlerweile 20 bis 25 Prozent der Kosten mit Spendengeldern finanzieren müsse. Für das stationäre Hospiz und die ambulanten Dienste seien jährlich 100 000 bis 150 000 Euro Spendengelder erforderlich. Entscheidend sei, ob die Betten zu 90 Prozent belegt sind, wie heuer, oder nur zu 68 Prozent wie 2007. Bis dato sei es immer gelungen, die Gelder aufzutreiben. Erst kürzlich hatten fünf Radler mit einer Benefiz-Tour, nonstop an den Gardasee, rund 11 500 Euro erstrampelt.

Mit der Feier im Bürgerhaus will die Hospizstiftung auch erreichen, dass Berührungsängste schwinden. Die Mitarbeiter werden erzählen, dass im Hospiz nicht ständig getrauert wird. „Wir feiern auch Feste“, sagt die Krankenschwester Ulrike Barth, die das Hospiz leitet. Höchstes Ziel sei es, todkranken Menschen lebenswerte Zeit zu schenken.

Bestmögliche Schmerztherapie

Alle Bewohner leben in Einzelzimmern, sie treffen sich zum Essen oder zum Plaudern im Wintergarten. Franke spricht von einer Art Wohngemeinschaft, in der vier Aspekte besondere Bedeutung hätten: die bestmögliche Schmerztherapie, eine sehr gute Pflege, psychosoziale Betreuung und, wenn gewünscht, auch spirituelle Begleitung. Wer das Hospiz betritt, der kann auf den ersten Blick kaum sagen, wer Gast ist, wer Mitarbeiter und wer Angehöriger. Die Beschäftigten tragen keine Arbeitskleidung, oft wird geplaudert, wie in einer großen Familie eben. Die Tage sind nicht für alle gleich strukturiert. Wer will, der schläft aus.

Obgleich es beim Pressegespräch eigentlich nur um der zehnten Geburtstag gehen soll, der immer aktive Heinz Franke hat längst ein weiteres Projekt im Visier: die Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV). So einen Dienst, der Schmerzpatienten nach einen Krankenhausaufenthalt daheim versorgt, gebe es in fast allen Landkreises, im Rems-Murr-Kreis leider jedoch nicht. Dabei habe die Rems-Murr-Hospizstiftung vor mehreren Jahren bereits angeregt, so ein Angebot zu schaffen. Damals sei eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden, mit einem niedergelassen Mediziner an der Spitze. Dieser habe die Sache aber „schleifen lassen“. Jetzt habe die Stiftung eine Deadline gesetzt: Wenn sich bis Ende Juli nichts tue, dann werde man allein aktiv. Wer weiß, womöglich kann Franke schon bei der Geburtstagsfeier im September erste Erfolge vermelden.

Jubiläumsfeier im Bürgerhaus Mitte September

Erste Idee
Heinz Franke hat während des Studiums in den 70er-Jahren im Pflegeheim gearbeitet und miterlebt, wie Sterbende in Abstellkammern gekarrt wurden. Inspiriert von den ersten Hospizen in Großbritannien hat er in den 90er-Jahren den ambulanten Hospizdienst Rems-Murr mit aufgebaut. Im Herbst 2004 wurde in Backnang das vierte Hospiz in der Region Stuttgart eröffnet. Heute gibt es im Raum Stuttgart sieben Hospize. Die Bettenzahl sei ausreichend, sagt Heinz Franke.

Jubiläum
Der zehnte Geburtstag wird am Freitat, 12. September, und am Sonntag, 14. September, im Backnanger Bürgerhaus gefeiert. Am Freitag ist der Berliner Arzt und Hospizleiter Michael de Ridder zu Gast, er spricht zum Thema „Wie wollen wir sterben?“ Der Eintritt zu der Vortragsveranstaltung kostet zehn Euro. Am Sonntag beginnt das Fest gegen 11.30 Uhr, nach einem Gottesdienst in der Stiftskirche.