Trotz der kleinen Verzögerung sind die Macher zuversichtlich: Die Finanzierungsvereinbarung stehe kurz vor der Unterschrift, das inhaltliche Konzept sei weitgehend fertig. Am Montag haben Polizei und Haus der Geschichte eine Erklärung über eine verstärkte Zusammenarbeit unterzeichnet.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Gleich zwei bedeutende Ereignisse in Stuttgart könnten im Frühsommer 2017 zusammentreffen: Im Juni soll das Stadtmuseum im Wilhelmspalais eröffnet werden – und im zweiten Quartal 2017 könnte gleich jenseits des Charlottenplatzes an der Dorotheenstraße 10 auch die Gedenkstätte im Hotel Silber, der ehemaligen Gestapo-Zentrale, ihre Pforten auftun. Diesen letzten Zeitpunkt nannte Thomas Schnabel, der Leiter des Hauses der Geschichte, am Montag. Im Januar war er noch von Ende 2016, Anfang 2017 ausgegangen, woran man vor allem erkennt, dass solche Terminpläne doch relativ häufig korrigiert werden müssen.

 

Jürgen Walter (Grüne), Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, sowie Thomas Schnabel machten am Montag aber einen entspannten Eindruck. Die Vereinbarung mit der Stadt Stuttgart werde in den nächsten Tagen oder spätestens nach der Sommerpause unterzeichnet, sagte Walter. Dann stünde die lange umstrittene Finanzierung der Gedenkstätte, nach der das Land jährlich 500 000 Euro und die Stadt jedes Jahr 250 000 Euro zuschießt.

Das inhaltliche Konzept steht in den Grundzügen fest

Auch die Grundzüge des inhaltlichen Konzeptes stünden fest, so Schnabel. Da das zweite Obergeschoss nicht wie geplant Teil der Gedenkstätte wird, muss das Konzept abgespeckt werden. Im Erdgeschoss und im Keller wolle man nun mit „Geschichtsfenstern“ an einzelne Ereignisse erinnern – an die Gründung des ADAC im Saal des früheren Hotels etwa, aber auch an die besonders grausame Ermordung der Jüdin Else Josenhans im April 1945 in einer Haftzelle im Keller. Im ersten Obergeschoss will man die Struktur mit kleinen Büros erhalten, da sie sich aus der Nazizeit erhalten hat. Dort soll an Opfer wie Täter erinnert werden. Über die Bewertung einzelner Personen sei man aber durchaus unterschiedlicher Ansicht, so Harald Singele von der Initiative Hotel Silber.

Thomas Schnabel ist es wichtig, dass der Fokus nicht nur auf die Zeit des Nationalsozialismus gerichtet bleibt. Die Nazis seien 1933 nicht vom Himmel gefallen und seien 1945 auch nicht spurlos verschwunden. Gerade die Kontinuität der Polizeiarbeit sei ein wichtiger Aspekt: „Fast alle Opfergruppen außer den Juden standen nach 1945 weiter unter Beobachtung“, so Schnabel.

Haus der Geschichte und Polizei wollen zusammenarbeiten

Dies ist mit ein Grund, warum Innenminister Reinhold Gall (SPD), Jürgen Walter, Thomas Schnabel und Dietrich Moser von Filseck, der Landesvizepräsident der Polizei, am Montag im Hotel Silber eine Absichtserklärung unterschrieben, nach der Polizei und Haus der Geschichte enger kooperieren wollen. Es gehe darum, die historischen Kenntnisse wach zu halten, aber auch darum, angehende Polizisten sensibler zu machen für Themen wie Ausgrenzung, Fremdenhass oder eigenes Demokratieverständnis. In letzter Konsequenz sollen die Polizisten sogar lernen, bestimmten Befehlen nicht Folge zu leisten, so Reinhold Gall. Es gebe zwar aktuell keine Defizite bei der Polizei, aber angesichts beispielsweise der NSU-Fälle sehe er durchaus Handlungsbedarf, so Gall.

Wie genau die Kooperation mit Leben gefüllt werden soll, wird jetzt eine Arbeitsgruppe klären, die möglichst schnell ein Konzept vorlegen soll. Denkbar sei, dass künftig auch regelmäßig Seminare für Polizisten im Hotel Silber stattfinden. Bei einzelnen Projekten hat die Kooperation bereits begonnen, wie bei einer Wanderausstellung zur Polizei im NS-Staat.

Grundsätzlich ist die grün-rote Landesregierung der Ansicht, dass sie ihrer Verantwortung nachkommt. So werde nicht nur viel Geld in das Hotel Silber investiert. Auch der Etat der übrigen Gedenkstätten werde von 200 000 Euro schrittweise bis 2017 auf 750 000 Euro erhöht, sagte Jürgen Walter. Jüngst habe man zudem eine Forschungsarbeit vergeben; Ziel ist es, das Ausmaß der Mitwirkung der Landesministerien am NS-Staat näher zu untersuchen.