Das Aloft im Milaneo will nicht nur eine Unterkunft für Geschäftsreisende sein, sondern auch ein Szenetreff für Leute aus der Stadt. Hier kann man einen lustigen Abend verbringen, aber kann man auch gut schlafen? Wir haben es ausprobiert.

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - So gut man Stuttgart auch kennen mag – die Gastperspektive kennt man meist nicht, denn wann übernachtet man in seiner eigenen Stadt schon mal in einem Hotel? Jüngster Neuzugang ist das Aloft im Milaneo, das Ende Juli eröffnet wurde. Es gehört zur amerikanischen Starwood-Gruppe, die nun für zwölf Milliarden Dollar von Marriott übernommen wird. Das Konzept der Aloft-Marke mit ihren hundert Hotels – in Deutschland gibt es nach Stuttgart nur eines in München –, richtet sich an die „Next-Gen-Travellers“: eine jüngere Zielgruppe, die sich für Technik, Design und Musik begeistert.

 

Für unsere Probenacht sind wir nicht mit dem Auto „angereist“, sondern mit der U 15: Zum einen, weil wir uns die 25 Euro für eine 24-Stunden-Pauschale im Milaneo sparen wollten, zum anderen, um den kafkaesken Fußweg vom Hauptbahnhof zu genießen, obwohl die Haltestelle Stadtbibliothek direkt vor der Tür ist. Der Eingang des Aloft liegt an der lauschigen Heilbronner Straße. Mit dem Aufzug oder über eine Treppe geht es in den zweiten Stock, wo sich wie eine Kommandozentrale die runde Rezeption befindet.

Ausblick auf sechs B-27-Fahrspuren vom Urban Room aus

Das Einchecken in unseren „Urban Room“ – so heißen die Zimmer mit Blick auf die sechs Fahrspuren der B 27 – ging flott. Die Freude auf ein Begrüßungsbierchen wurde etwas getrübt, als uns die Minibar nach dem Öffnen angähnte: „Hallo! Der Kühlschrank ist mit Absicht leer . . .“ Am nächsten Morgen wurde uns erklärt, dass viele (Business-)Gäste ihn ohnehin freiräumten, um ihre eigenen Sachen hineinzutun. Deswegen könne man sich am „re:fuel gourmet grab & go“ etwas kaufen und damit den Kühlschrank füllen.

Wir sind gleich weiter zur WXYZ Bar und haben uns ein Hacker Pschorr (vier Euro für 0,5 Liter) genehmigt. Wer noch Nahrhafteres möchte, muss an der Bar auf Oliven, Käsewürfel, Tomatenconsommé, Pizza, Chili con Carne oder Chicken Nuggets zurückgreifen, denn ein Restaurant gibt es nicht. Dafür stehe manchmal ein Weltmeister hinterm Tresen – ob es der Mann mit Hut auf dem Kopf oder die Frau mit Metall in der Nase ist? –, der einem Cocktails für meist neun Euro mixen kann. Vinophile müssen neun bis elf Euro für 0,2 Liter berappen. „Hello, dear american friends, we’re in the heart of Wengerter Region, you know“, möchte man rufen, denn mit „Chronos“ und „Kairos“ sind nur zwei Unterländer unter den Weinen.

Das Aloft will Hotel und Szene-Treff sein

Rund um die Bar zeigt das Loft-Konzept seine Wirkung. Kann man in vielen Hotellobbys gepflegt seine Depressionen genießen, ist es im Aloft eher heiter. Die Atmos-phäre in der hohen Halle mit Sichtbeton und Stahlträgern erinnert an ein Jugendzentrum: R-’n‘-B-Musik, lässige Lounge mit Sofas, Egg Chairs und Sitzsäcken im schummrigen Licht unter einem riesigen Mobile – und: überall wird gespielt! Nicht nur am Billard, sondern an fast allen Tischen mit ausliegenden Klassikern wie Schach, Dame und Backgammon. Highlight ist ein verglaster Raum mit Tischkicker und Karaoke-Playstation samt Schlagzeug und Gitarre, an der sich an unserem Dienstag junge Amerikaner austobten und ein Schrank von einem Kerl bemühte, im Falsettgesang keinen Ton von The Cures „Friday I’m in Love“ zu treffen. „Lasst uns einen schönen Abend verbringen“, beschreibt der Hoteldirektor Armin Hies das Konzept der „jungen, hippen und urbanen Marke“. Gelegentlich versuche er sich selbst als Animateur und DJ, einmal die Woche legen Profis auf und spielen Bands. 2016 soll es auch „Bar Olympics“ geben.

Das Aloft will eben nicht nur Hotel, sondern auch „Szenetreff“ sein. Wir haben tatsächlich ein paar Gäste aus der Stadt angetroffen. Allerdings ist die Lage nicht wirklich laufpublikumsfreundlich. Ein Rundgang ums trostlose Milaneo hat uns schnell wieder rein und irgendwann ins Bett getrieben, das nicht leicht zu bekommen war. „Wir sind sehr gut bis voll ausgelastet“, sagt Hies, was uns Stichproben im Buchungssystem bestätigt haben. Die Preise schwanken von 95 Euro Wochenendtarif bis auch mal über 200 Euro. Es gibt 165 Zimmer in vier Kategorien bis zur „Sweet Suite“ mit 30 Quadratmetern und Blick auf den Innenhof. Fitness ja, Wellness nein.

Für den Urban Room zahlten wir 165 Euro. Er war ebenso zweckmäßig wie das kontinentale Frühstück, das mit fünf Euro inkludiert war: silbergraue Strukturtapete, blaugemusterter Teppich, keine Bilder an den Wänden, aber ein stilisierter Stadtplan überm Bett und ein 42-Zoll-Flatscreen gegenüber, offenes Bad mit „Walk-in-Shower“. Die Doppelfenster, von denen sich das äußere nur mit schriftlicher Genehmigung ganz öffnen lässt, sind so gut isoliert, dass die böse Welt da draußen kaum zu uns vorgedrungen ist und wir bis viertel vor neun im bequemen Kingsize Bett verschlafen haben. Das Aloft hat also unseren Test gut bestanden – oder sollten wir sagen, es war umgekehrt?