In Japan ist er einer der berühmtesten Deutschen – der Räuber Hotzenplotz. Das und andere interessante Geschichten rund um Otfried Preußlers netten Schurken erfahren Besucher einer Ausstellung in der Stadtbücherei Waiblingen.

Waiblingen - Einer der berühmtesten Deutschen in Japan ist – der Räuber Hotzenplotz. Im Land der aufgehenden Sonne ist der Mann mit den sieben Messern am Gürtel allerdings unter dem für deutsche Zungen etwas sperrigen Namen Odoboro Hottsenpurrottsu bekannt. Und zwar so bekannt, dass die japanische Kaiserin bei einem Staatsbesuch in Deutschland Mitte der 90er-Jahre ganz speziell einen Mann treffen wollte: Hotzenplotz’ Schöpfer, den Kinderbuchautor Otfried Preußler.

 

Ausgaben in Afrikaans und Gälisch

Vor fast genau einem Jahr ist der Schriftsteller und Lehrer gestorben, noch bis zum 6. Mai zeigt die Stadtbücherei Waiblingen in der Kurzen Straße eine kleine Ausstellung über Preußler und seinen berühmten Sohn: mit Hotzenplotz-Ausgaben aus aller Herren Länder und einer langen Liste der internationalen Lizenzausgaben, die von Afrikaans über Gälisch bis Vietnamesisch reicht, sowie mit Puzzles, Schallplatten und CDs und mit Lithografien von wunderschön kolorierten Zeichnungen aus dem Buch.

Hotzenplotz ist mittlerweile 52 Jahre alt, ein Räuber in den besten Jahren also, und – so versichert Judith Wolz von der Stadtbücherei – der nette Schurke gehöre kein bisschen zum alten Eisen. Kinder von heute, das beweisen die Ausleihzahlen, lieben wie schon ihre Eltern den Räuber, den Otfried Preußler als „nicht wirklich gefährlich, sondern ein polterndes Großmaul“ beschreibt. Auf einem Rollwagen in der Bibliothek liegen Hotzenplotz-Bücher aus dem Bestand zur Ausleihe griffbereit. „Der Räuber Hotzenplotz ist wirklich ein Klassiker“, sagt die 28-jährige Judith Wolz. Auch sie hat sich als Kind das Buch vorlesen lassen: „Der Humor ist einfach toll – allein schon die Namen, zum Beispiel der von Petrosilius Zwackelmann.“

Auf seinen großen und bösen Zauberer ist Otfried Preußler übrigens stolz gewesen. Und doch hat er ihn bereits im ersten Band das Zeitliche segnen lassen, weil er nach eigenem Bekunden nie und nimmer damit gerechnet hätte, dass das Buch, das gewissermaßen als eine Lockerungsübung gedacht war, so erfolgreich sein würde. Eigentlich, so erfährt man in der Ausstellung, hat Preußler die Geschichte über den Räuber, der die Kaffeemühle von Kasperls Großmutter stiehlt, in einer Verschnaufpause von der anstrengenden Arbeit am Jugendbuch „Krabat“ verfasst. Ein Fortsetzungsband war nicht geplant.

Zweiter Band wegen großer Nachfrage

Doch der Räuber Hotzenplotz kam dermaßen gut an, dass die Leser Preußler keine Ruhe ließen. Er gab sich schließlich geschlagen, sieben Jahre nach dem Räuber Hotzenplotz kam der zweite Band „Neues vom Räuber Hotzenplotz“ auf den Markt. Darin taucht unter anderem der Hund Wasti auf, den seine Besitzerin, die Hobby-Hexe Witwe Schlotterbeck, versehentlich in ein Krokodil verwandelt hat. Das Buch endet, ohne dass Wasti entzaubert wird. Und so musste oder durfte sich Otfried Preußler eine dritte Hotzenplotz-Geschichte ausdenken, denn seine Leser bestanden darauf, dass er die Sache ins Reine brachte. Kinder seien „das beste und klügste Publikum und strenge unbestechliche Kritiker“, hat Otfried Preußler einmal gesagt. Und die Frage, ob es richtig sei, Kindern heutzutage Geschichten von Feen, Räubern und Zauberern zu erzählen, so beantwortet: „Richtig? Es ist lebenswichtig.“

Die deutsche Ausgabe des Räuber Hotzenplotz hat sich 18 Millionen mal verkauft, weltweit sind 50 Millionen Bände über den Verkaufstresen gegangen. Interessant ist ein Vergleich der Titelbilder: während der holländische Hotzenplotz ziemlich furchteinflößend und mit einem ganzen Waffenarsenal am Körper daher kommt, krault er auf dem Cover der norwegischen Ausgabe einem Häschen feinfühlig das Kinn. Auch das Rätsel um Hotzenplotz’ Namen wird in der Ausstellung gelüftet. Er ist keine witzige lautmalerische Erfindung Preußlers, sondern der deutsche Name der Stadt Osoblaha im heutigen Tschechien.