Je mehr Gangster verdienen, desto mehr investieren sie in Unauffälliges. In „Crime Machine“ aber fallen sie von der Geldwäsche zurück in den Bandenkrieg.

Stuttgart - Alte Hüte sitzen gut. Ein bequemer alter Hut ist zum Beispiel die Deutung, Kriminalromane wollten uns die verdeckten kriminellen Strukturen der Gesellschaft vor Augen führen.

 

Wollen sie manchmal ja auch. Der Brite Howard Linskey liefert mit seinem Krimidebüt „Crime Machine“ ein schönes Beispiel für einen Roman, der Steine umdreht. Aber alles Pädagogische ist diesem im Original „The Plot“ betitelten Buch fremd.

Geldwäscher und Knochenbrecher

Ich-Erzähler David Blake ist der Kerl fürs Einfallsreiche in der tonangebenden Gangsterclique in Newcastle, in der Organisation des knallharten Veteranen Bobby Mahoney, der den Verdienst aus illegalen Aktivitäten in seriöse Geschäfte investiert. Blake, der neue Wege der Geldwäsche ausklügeln und die Kontakte in die Politik und Justiz pflegen soll, kommt den alten Knochenbrechern rund um Mahoney wie ein Bluffer vor, der keine Ahnung hat, was es heißt, ein Gangster zu sein.

Linskey bringt Blake in eine Klemme zwischen modernen und alten Methoden. Etwas in Blakes Verantwortungsbereich ist schiefgelaufen, und nun könnte eine brutale Säuberungsaktion innerhalb der Bande oder ein Krieg mit Rivalen anstehen. Dafür ist Blake nicht gerüstet.

Wie man sich als Gangster arrangiert

Während er um sein persönliches Überleben und bald auch um den Bestand von Mahoneys Organisation kämpft, macht Blake uns nebenbei klar, wie der Laden im Normalbetrieb läuft. Wie man sich mit Polizei und Verwaltung arrangiert, wie man besticht und umgarnt und Zweckallianzen schließt. Fragt sich nur, ob diese Funktionserklärung des organisierten Verbrechens der Grund ist, warum irgendjemand „Crime Machine“ liest. Schließlich ist diese Analyse nicht neu und für den Leser auch gar nicht unterscheidbar, ob Linskey sich an realen Figuren aus Newcastle oder einfach an Genrekomparsen orientiert.

Was Linskey wirklich auszeichnet, ist die Fähigkeit, Blakes Probleme so zu schildern, dass der Leser Anteil nimmt und die eigenen moralischen Wertungen vergisst. Man möchte, dass Blake die Herausforderungen meistert, weil Linskey ihn als modernen Jedermann schildert, in dessen Lebensplanung es keine Gewissheit gibt und der jederzeit Opfer eines Strukturwandels oder des nächsten Personalverjüngungsschubs werden könnte.

Ein Mann für turbulente Märkte

Wobei Linskey bei dieser Naherückung Blakes gar nicht so viel Widerstand überwinden muss. Viel zu oft wird im Gespräch über Krimis unterschlagen, dass wir sie auch lesen, um unseren asozialen Fantasien Auslauf zu verschaffen.

Linskey aber hat das begriffen, und so erzählt „Crime Machine“ nicht, wie Blake sich bloß noch mal durchmogelt. Nein, wir erleben, wie der Kerl sich jene Herrschafts- und Kampftechniken aneignet, mit denen früher Reviere gesichert wurden. Wir begegnen einem Mann, der sich noch einmal als hart genug und elastisch genug erweist, um Marktturbulenzen zu überstehen. Wobei dem gereiften Blake allerdings klar ist, dass es dauerhafte Ruhe nicht geben wird.

Howard Linskey: Crime Machine. Knaur TB. 384 Seiten. 9,99 Euro.Auch als E-Book, ebenfalls 9,99 Euro.