Nach einem Hubschrauberabsturz zwischen Kanada und Grönland rettet sich ein russischer Pilot auf eine Eisscholle – und bekommt hungrigen Besuch.

Kanada - Einen Hubschrauberabsturz über der eisbedeckten Davis Strait zwischen Kanada und Grönland zu überleben, grenzt bereits an ein Wunder. Was der russische Pilot Sergej Ananov dann aber erlebte und auch überlebte, macht seine Geschichte noch bemerkenswerter: Wie er berichtet, besuchten ihn auf der Eisscholle, auf die er sich gerettet hatte, drei Eisbären.

 

Der Absturz ereignete sich bereits am vergangenen Samstag, aber erst jetzt wurde bekannt, wie viel Glück der Pilot hatte. Ananov hatte am 13. Juni in Moskau seine Reise mit dem weniger als eine Tonne wiegenden Hubschrauber begonnen. Der 49-jährige Russe wollte entlang des Polarkreises rund um die Welt fliegen und damit einen neuen Rekord für einen Flug mit einem Kleinhubschrauber aufstellen. In Iqaluit, der Hauptstadt des kanadischen Arktis-Territoriums Nunavut, legte Ananov am Samstag einen Stopp ein, tankte und hob ab in Richtung Nuuk in Grönland.

Wie ein Fisch im Supermarkt

Doch die Reise endete sehr bald. Wie der Russe nach seiner Rettung über Telefon vom kanadischen Eisbrecher Pierre Radisson aus berichtete, riss ein Riemen, der Rotoren und Steuerung des Hubschraubers mit dem Motor verbindet. Der Hubschrauber geriet außer Kontrolle. Mit viel Glück gelang Ananov eine Landung im Wasser in der Nähe einer großen Eisscholle. Er schaffte es, ein Rettungsfloß, ein Überlebenspaket und drei Leuchtraketen mitzunehmen. Halb mit einem Neoprenanzug bekleidet, schwamm er zu einer größeren Eisscholle und konnte mit dem wenigen, was er aus dem untergehenden Hubschrauber hatte retten können, aufs Eis klettern.

Er war nass und unterkühlt und lag auf dem Eis, „wie ein Fisch im Supermarkt“, erzählt Ananov. Er zog seinen Taucheranzug an und verkroch sich unter das Rettungsfloß, um Schutz vor dem Wind zu haben. Als er nach wenigen Stunden das Geräusch eines Flugzeugs hörte, feuerte er zwei Leuchtraketen ab, aber der Nebel verhinderte, dass er entdeckt wurde.

Er hörte den Atem des Bären

Doch Nebel und Wind waren nicht seine einzigen Feinde. Auf den Eisschollen der Davis Strait und Baffin Bay tummeln sich Eisbären, und da sie neugierig und fast immer hungrig sind kamen sie dem Piloten unter dem Floß sehr nahe. „Ich sah ihn nicht, aber ich hörte seinen Atem.“ Vielleicht einen Meter war der Bär von ihm entfernt, berichtet Ananov. Er sprang auf, brüllte und ruderte wie wild mit seinem Armen und Händen und hatte Glück. Erschreckt zog sich das Tier zurück. Er sollte nicht lange Ruhe haben. An diesem und dem nächsten Tag kamen noch zwei weitere Bären auf seine Scholle kommen, erzählt er. Wieder hatte er Glück. „Wie ein roter Teufel“ sei er herumgesprungen, und das war den Bären nicht geheuer und sie machten sich von dannen.

Zwei Tage nach dem Absturz entdeckten ihn Suchmannschaften. Die Besatzung der Radisson sah den schon verlöschenden Schein der letzten Leuchtrakete, die Ananov abgeschossen hatte, nachdem sich der Nebel verflüchtigt hatte, erzählt Kommandant Stephane Julien. Am Montagmorgen, zwei Tage nach dem Absturz, war Ananov in Sicherheit, konnte sich aufwärmen und seinen Hunger stillen.Im Laufe des Mittwoch wollte er wieder in Iqaluit sein. Einen weiteren Tag auf dem Eis hätte er wahrscheinlich nicht überlebt, meint er. „Meine Hoffnung schwand.“ Vielleicht hätte sich ein vierter Eisbär nicht mehr von Ananovs wildem Tanz abschrecken lassen.