Der Nethanja-Verein hilft seit Jahrzehnten notleidenden Menschen – dazu gehört das Ehepaar Hahn. Werbung haben sie bisher praktisch keine gemacht. Nun gehen sie mit Bischof Singh von der Nethanja-Kirche auf Tour. Am Donnerstag sind sie in Aidlingen.

Sindelfingen - Namaste heißt der Gruß unter Freunden in Indien, der leicht nach vorne gebeugt und mit zusammengeführten Innenhandflächen ausgesprochen wird. Namaste bedeutet so viel wie „Ich sehe Dich“ oder „Ich schätze Dich“. Und „Namaste“ lautet auch der Titel eines Buches, das der Journalist und Theologe Christoph Zehendner jüngst herausbrachte. Die traditionelle indische Grußformel haben auch dessen Freunde als Geisteshaltung verinnerlicht, die auch nach Indien reisten und zum Förderkreis der Nethanja-Kinderheime zählen: Petra Hahn-Lütjen und Michael Hahn aus Sindelfingen.

 

Straßenkinder aufgenommen, Kinderheim gegründet

„Der deutsche Unterstützerverein ist bisher mit der Geschichte über Nethanja nicht an die Öffentlichkeit gegangen, hat praktisch keine Werbung gemacht. Es lief alles über persönliche Kontakte“, sagt Petra Hahn-Lütjen. Das ändert sich nun: Auf Gastreise ist Bischof Singh von der christlichen Mission Nethanja, die in Indien aktiv ist. Zusammen mit Christoph Zehendner und Petra Hahn-Lütjen erzählen sie, wie die Kinderheime Nethanja Narsapur entstanden sind. Eine Sindelfinger Begegnung gab den Ausschlag.

Bischof Singhs ältester Bruder kam nach Deutschland, um die Sprache zu lernen, und wurde spontan von einer Sindelfinger Gastfamilie aufgenommen. „Er hat bei Daimler gearbeitet und beim CVJM an einer Adventsfeier teilgenommen“, erzählt Michael Hahn. Das war im Jahr 1963 . Diese Gastfreundschaft hat den Vater Kripanandam Komanapalli sehr beeindruckt. Und so nahm seine Familie in Indien zu den eigenen fünf Kinder noch fünf Straßenkinder auf. Dabei ist mit der Unterstützung der Nethanja-Bewegung vor Ort und in Deutschland die Idee für ein Kinderheim entstanden, inzwischen gibt es derer neun.

Bedarf an Schulen und Krankenhäusern

Wie groß das Elend im Vielvölkerstaat mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern ist, in dem viele Menschen in unsäglicher Armut leben, terroristischen Fanatikern ausgesetzt sind und verhungern, beschreibt Zehendner in seinem Buch. Um die Not zu lindern, sei neben der Fürsorge vor allem eines wichtig, „die Bildung“, sagt Petra Hahn-Lütjen. „Damit die Kinder, die oft ohne eine Lebensperspektive sind – das gilt vor allem auch für Mädchen – einen Beruf erlernen und sich eines Tages selbst helfen können“, erklärt die 55 Jahre alte Verlagslektorin.

Zwei Mal in den vergangenen vier Jahren ist sie mit ihrem Mann nach Indien gefahren, besuchte Schulen und das von der Nethanja-Mission unterhaltene Krankenhaus. Auch um zu sehen, was die Spendengelder bewirken. Sie trafen Kinder und Jugendliche, die stolz waren, jetzt Lesen und Schreiben zu können, und Frauen, die einen Nähkurs machten. „Wir wurden auch in Slumhütten gebeten und mit offenen Armen empfangen“, schildert Michael Hahn die dort erfahrene Gastfreundschaft und Offenheit der Menschen. „Wir haben mit den Kindern gespielt. Ich brachte ihnen Frisbee-Scheiben mit“, berichtet der 62-Jährige. Und auch für die Erwachsenen sei das Miteinander „das größte Geschenk gewesen. Als sie merkten, dass mit ihrem Leid nicht alleine sind“, sagt Michael Hahn. Wir sind auf herzliche Menschen gestoßen, die das wenige, was sie hatten, mit uns teilten“, berichtet Petra Hahn-Lütjen.

Unterstützerverein spendet einige hundertausend Euro

Sie selbst erhielt von einer Sindelfinger Apothekerin ein entzündungshemmendes Medikament, das sie nach Indien mitnahm. „Denn dort fehlt es oft am Nötigsten, die Menschen werden meist nicht ausreichend medizinisch versorgt.“

Michael Hahn, dessen Eltern schon den Nethanja-Verein unterstützen, organisiert mit der ehrenamtlichen Initiative Narsapur seit 30 Jahren zwei bis drei Konzerte im Jahr: Der Erlös fließt in die Nethanja-Kasse. Er spielt selbst Gitarre und macht seit jeher Musik. Beim letzten Konzert kamen 5000 Euro zusammen. Einige hunderttausend Euro habe der Unterstützerverein wohl bereits spenden können.

„Wir wollen vor allem auch die junge Generation motivieren, sich für die Menschen in Indien einzusetzen“, sagt Petra Hahn-Lütjen. Zumal das Engagement sich in vielfältiger Weise lohne. Das verspürten sie bei sich selbst. „Es geht darum, sich auf Augenhöhe zu begegnen“, sagt die 55-Jährige, „als wir von den Reisen zurückkamen, waren wir fröhlich, weil wir so viel ansteckende Hoffnung erlebt haben. Unsere Freunde haben uns ermutigt – und wir sie.“

Bischof on Tour
: Singh Komanapalli, von allen Bischof Singh genannt, leitet die Nethanja-Kirche in Südindien und einen Teilbereich der Bildungs- und Sozialarbeit in den neun Nethanja-Kinderheimen mit 700 Kindern. Er tourt durch Baden-Württemberg mit Musikern und Tänzerinnen. Dabei wird das Buch „Namaste“ vorgestellt. Am 29. Juni gastiert das Ensemble das nächste Mal in der Region: um 20 Uhr im Evangelischen Gemeindehaus in Aidlingen.

Nethanja-Verein:
Der Verein Kinderheim Nethanja Narsapur/Christliche Mission Indien gehört zur Arbeitsgemeinschaft evangelikaler Missionen und ist der evangelischen Landeskirche in Württemberg verbunden. Im Kreis Böblingen hat der Verein rund 200 Unterstützer, deutschlandweit mehr als 3000. Die Geschäftsstelle führt Markus Schanz in Flein bei Heilbronn (Telefon 0 71 31/2 49 74 47, E-Mail buero@nethanja-indien.de).

Nethanja-Kirche:
Sie unterhält mit der Spendenhilfe von Unterstützern neben den Kinderheimen auch zwei Mädchendörfer, drei Highschools, zwölf Dorfschulen, ein Zentrum für Menschen mit Behinderungen, mehr als 300 Berufsausbildungsstätten, ein Krankenhaus sowie weitere Einrichtungen und fördert Projekte der Gemeindearbeit.

Veröffentlichung
Das Buch „Namaste – Du bist gesehen!“ von Christoph Zehendner erschien im Mai im Brunnen-Verlag und kostet 15 Euro. Die Idee und die Projektleitung hatte Petra Hahn-Lütjen. Der Journalist Zehendner reiste mehrmals nach Indien und schrieb 24 Reportagen.