Der Hipster zeichnet sich dadurch aus, dass er sich auf der Bühne genau gleich bewegt wie auf der Tanzfläche. So zu beobachten bei I Heart Sharks am Donnerstag in Stuttgart – und noch mehr bei der Vorband.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Die Begriffe Berghain und Hipster sind auch Ende 2014 noch ziemlich wichtig. Auf den Hipster wurde schon mancher Abgesang formuliert und der Berliner Technoclub Berghain ist mittlerweile noch in der letzten Billigflieger-Bordzeitschrift besprochen worden. Hipster und Berghain werden gern zusammengedacht, und damit das so bleibt, gibt es die Bands Heinrich und I Heart Sharks, beide am Donnerstagabend live zu erleben im Stuttgarter Club Schocken.

 

Ein bisher nur selten beleuchteter Aspekt am Hipstertum ist, dass Hipster sich in allen Lebenslagen gleich benehmen. Im Falle der Vorband Heinrich heißt das, dass die drei Musiker beim Musikmachen genauso aussehen und sich genauso bewegen wie auf der Tanzfläche; und natürlich reden wir von der Berghain-Tanzfläche. Die Band selbst singt ja ein Lied über das Tanzen im Berghain. Natürlich bleibt auch nicht unerwähnt, dass die Band „aus Leipzig und Berlin“ kommt. Nur Berlin ist mittlerweile zu langweilig, „Hypezig“ zu erwähnen steigert die Coolness noch weiter.

Da sind natürlich viele Unterstellungen dabei, zumal es dem Publikum in den ersten Reihen gut gefällt; die Besucher sehen übrigens alle ziemlich ähnlich aus wie Heinrich, also die Band. Deren Musik ist gut gemacht und stilistisch treffsicher: elektronische Beats, dazu eine behutsam eingesetzte E-Gitarre und männlicher sowie weiblicher Gesang – so geht heute Schlagermusik fürs hippe Berghain-Volk. Die Frisur sitzt, Optik und Show stimmen, allein ob es einem gefällt ist wie alles im Leben Geschmacksache.

„Abziehbild-Hipster“ auf der Bühne

Bis I Heart Sharks auf die Bühne kommen, ist der Club Schocken auch einigermaßen gefüllt. Aber es ist auch wieder nicht so voll, dass man nicht stilgerecht tanzen könnte zur Musik dieser Band, die „zufällig hip“ ist, wie das Magazin „Intro“ über die Band geschrieben hat.

Es kann sehr gut sein, dass hinter den „Abziehbild-Hipstern“ (nochmal Zitat Intro) Leute stecken, die genau diese Musik machen wollen: Vier-Viertel-Bassdrum, dazu Synthie-Kleister und gut eingängige Melodien. Live wird dieser zeitgenössische Indie-Pop leider arg synthesizerverliebt dargeboten. Was auf Platte wie ein gefälliges Indieband-Konzept daherkommt, wirkt im Schocken wie eine reine Performance: Nehmen wir halt den E-Bass in die Hand, stellen wir halt ein Schlagzeug auf die Bühne – sieht irgendwie bandmäßiger aus. Und der Sänger lässt die Fans mitklatschen.

Direkt in die Augen

Insgesamt wirkt die Show von I Heart Sharks irgendwie oberflächlich: Man hat das Gefühl, dass das Programm einfach nur abgespult wird. Das alles zwar auf freundliche Art, der Sänger Pierre Bee ist bemüht, den Kontakt zum Publikum herzustellen, soweit das in dem zwischen den Songs weitgehend abgedunkelten Raum möglich ist.

Wenn die Band spielt, wird die Bühne derweil in gleißend helles Licht getaucht, das vom Bühnenhintergrund dem Zuschauer direkt in die Augen leuchtet. Sogar ein bisschen Lasershow ist geboten. Was auch bedeutet, dass die Schocken-Bühne und der Club insgesamt ein gutes Stück zu klein ist für das aktuelle I-Heart-Sharks-Programm: so eine Show würde beispielsweise im Universum sicherlich besser funktionieren.

Vor- wie auch Hauptband bieten an diesem Donnerstagabend ein in sich stimmiges Programm, von dem sich das Publikum gern begeistern lässt. Allein wenn man danach den Club verlässt, merkt man: da ist irgendwie nichts hängengeblieben.

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