Das Lkw-Geschäft gilt als ein wichtiger Gradmesser für die gesamte Konjunktur. In Europa lief es für große Hersteller wie Daimler zuletzt gut - der Markt dürfte sich jedoch abkühlen. Kann die Branche Herausforderungen wie autonomes Fahren und Klimaschutz meistern?

Hannover/Stuttgart - Der wichtige Heimatmarkt Europa wird im Nutzfahrzeug-Geschäft des Branchenführers Daimler bis zum Jahresende wohl an Schwung verlieren. Der Truck-Chef des Stuttgarter Konzerns, Wolfgang Bernhard, sprach am Mittwoch zum Start der Messe IAA in Hannover von einem schwieriger werdenden Umfeld. Nach plus 17 Prozent bei den Verkäufen bis zum Juli lasse sich dieses Niveau in Richtung Jahresende nicht halten. „Es gibt keinen Grund zur Alarmstimmung“, meinte Bernhard. Aber die jüngste Lage stimme ihn zurückhaltender.

 

Das Branchentreffen begann mit einem Pressetag, für Besucher ist die IAA Nutzfahrzeuge vom 22. bis 29. September geöffnet. Sie befasst sich unter anderem mit Autopilot-Funktionen, die Unfälle vermeiden und den Abgasausstoß reduzieren sollen. Auch Digitalisierung und Vernetzung spielen eine große Rolle. Dieser Trend könnte Lkw-Fahrer entlasten, Routen optimieren und Wartezeiten verkürzen. Auch alternative Antriebe haben auf dem Messegelände ihren Platz. Dort präsentieren sich 2013 Aussteller aus 52 Ländern mit 332 Premieren.

In Übersee kämpft Daimler wie die gesamte Branche an vielen Fronten mit Problemen. Der Markt in Brasilien liege quasi am Boden, sagte Bernhard. Auch in Indien, wo Daimler ein eigenes Lkw-Werk hochzog, sei das Wachstum im dritten Quartal zum Erliegen gekommen.

Bosch erwartet ein gutes restliches Jahr 2016

Wegen des Gegenwinds hatte der Konzern die Prognose für seine Nutzfahrzeuge bereits vor kurzem kassiert. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern werde 2016 „erheblich“ sinken. „Erheblich heißt mehr als zehn Prozent Rückgang“, erklärte Bernhard. Verglichen mit ähnlichen Jahren in der jüngeren Vergangenheit stehe Daimler aber beim Gewinn besser da. „Wir haben mehr Wasser unterm Kiel. Wir sind robuster.“

Der Zulieferer Bosch erwartet ein gutes restliches Jahr 2016. Der Umsatz in der Kfz-Sparte werde wechselkursbereinigt um annähernd fünf Prozent wachsen, sagte Spartenchef Rolf Bulander auf der IAA. 2015 hatte Bosch hier ein Plus von 4,6 Prozent erzielt. Das Unternehmen hatte Anfang 2016 eine Sparte für das Nutzfahrzeug-Geschäft ausgegründet und setzt große Hoffnungen in sie.

Konkurrent Mahle berichtete, in den ersten sechs Monaten dank der Übernahmen im Vorjahr zweistellig zugelegt zu haben: Der Umsatz sei gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 12 Prozent auf rund 6,2 Milliarden Euro gewachsen, sagte Firmenchef Wolf-Henning Scheider auf der Messe.

Den Markt der schweren Nutzfahrzeuge jenseits der Sechs-Tonnen-Klasse dominierten neben Daimler weltweit zuletzt die chinesischen Anbieter Dongfeng und FAW sowie Volvo und die VW-Marken MAN und Scania.