Vor 25 Jahren ist die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Stuttgart und Mannheim in Betrieb gegangen. Die Hoffnung, alsbald Richtung Ulm weiterbauen zu können, erwies sich aber als Trugschluss.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Am Donnerstag hat Bahnchef Rüdiger Grube Grund zum Feiern: zusammen mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt erinnert der oberste Eisenbahner an die ersten ICE-Fahrten in Deutschland vor 25 Jahren. Vor einem Vierteljahrhundert wurden aber nicht nur die neuen Züge in Betrieb genommen sondern auch die eigens dafür gebauten Strecken – so auch die Trasse zwischen Stuttgart und Mannheim, die die Fahrt ins Kurpfälzische erheblich verkürzte. Die knapp 99 Kilometer lange Neubaustrecke verbindet seitdem auf deutlich direkterem Weg Stuttgart mit Mannheim als die ursprüngliche Streckenführung via Mühlacker, Bruchsal und Heidelberg. Seit 2. Juni 1991 werden auf ihr Passagiere und Güter transportiert.

 

Die neue Verbindung wurde mit reichlich Prominenz gefeiert. In einem ersten Zug nahmen unter anderem der damalige Stuttgarter OB Manfred Rommel, Ministerpräsident Erwin Teufel sowie Bahnchef Heinz Dürr die Strecke in Augenschein – und wollten sich mit dem Erreichten noch nicht zufrieden geben. So mahnte etwa Teufel: „Wir wollen auf die Strecke nach München nicht 15 Jahre warten“.

Warten auf die Fortführung nach Ulm

25 Jahre später ist man eines besseren belehrt. Zwar wird zwischen Wendlingen und Ulm kräftig gebaut. Aber nur wenn die Bahn ihren ambitionierten Zeitplan für das Projekt Stuttgart-Ulm einhält, fahren frühestens Ende 2021 Passagiere auf der neuen Strecke Richtung Ulm – 30 Jahre nach der Eröffnung der ICE-Trasse nach Mannheim und Teufels Diktum, was die Beschleunigung des Reisens Richtung bayerischer Landeshauptstadt angeht.

Bahnchef Heinz Dürr bremste die Euphorie auch mit Blick auf die Kosten. Die Bahn hatte eben erst umgerechnet 2,2 Milliarden Euro in die Strecke nach Mannheim investiert. Weil der neue Schienenstrang auch für schwere Güterzüge zu befahren sein sollte, mussten die Planer große Steigungen und Gefälle vermeiden. Das machte lange Tunnel und hohe Talbrücken notwendig – etwa das mehr als ein Kilometer lange Viadukt über das Enztal bei Vaihingen (Kreis Ludwigsburg).

VCD mahnt Verbesserungen in Stuttgart an

Für eine Weiterführung nach Ulm kalkulierte der Schienenkonzern 1991 mit damals fünf Milliarden Mark. Heute geht die DB davon aus, dass die Strecke zwischen Wendlingen und Ulm für gut 3,2 Milliarden Euro zu haben sein wird. Immerhin bekannte auch Dürr damals, dass Planungs- und Bauzeiten von mehr als 20 Jahre nicht mehr tragbar seien. „Wir müssen schneller bauen“. Allerdings stand damals noch nicht einmal fest, ob die neue Strecke nach Ulm den Weg übers Filstal nehmen sollte oder – wie nun in Umsetzung – weitgehend der A8 folgend.

Wenn es nach dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) geht, ist aber auch der Ausbau zwischen der Landeshaupt- und der ehemaligen kurpfälzischen Residenzstadt noch nicht abgeschlossen. Der Verband hat bereits Anfang des Jahres dafür plädiert, die ICE-Trasse von Mannheim kommend besser in den Stuttgarter Bahnknoten einzubinden. Dem VCD schwebt dabei der Bau zweier zusätzlicher Gleise zwischen dem Hauptbahnhof und dem Beginn der Hochgeschwindigkeitsstrecke bei Zuffenhausen vor. Das erlaube zusammen mit weiteren Maßnahmen die Fahrzeit zwischen Stuttgart und Mannheim auf unter eine halbe Stunde zu reduzieren – einen Wert, der für einen besser getakteten Fahrplan notwendig ist.

Engpass im Neckartal?

Verbesserungsbedarf sieht der VCD auch bei der Verknüpfung zwischen der Neubaustrecke und dem Bestand im Neckartal bei Wendlingen. Dort plant die Bahn eine eingleisige Verknüpfungskurve – eine Blaupause dafür findet sich auch schon an der Strecke nach Mannheim. Jene wird auch von Zügen aus Stuttgart kommend in Richtung Karlsruhe genutzt, die die für Geschwindigkeiten von 250 Kilometer in der Stunde ausgelegte Trasse bei Bruchsal über eine eingleise Kurve verlassen. Dazu müssen die Züge allerdings das Tempo deutlich drosseln. Die Verknüpfung lässt nur 100 Kilometer in der Stunde zu. Zudem müssen Züge – unter anderem der französische Hochgeschwindigkeitszug TGV – den Gegenverkehr passieren lassen, was sich immer wieder als Nadelöhr erweist. Gegen das Vorhaben, einen vergleichbaren Engpass in Wendlingen zu bauen, hat sich jüngst unter anderem auch der ehemalige Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid (SPD) gewandt.