An Vorschlägen für die Belebung des bisher ungenutzten Aussichtspunktes mangelt es nicht. Die Bürgerschaft ist aufgerufen, Gestaltungsvorschläge für die vernachlässigte Altstadt abzugeben. Eine Idee klingt besonders verwegen – wurde aber andernorts längst umgesetzt.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - In Koblenz ist Eduard Swaczyna auf seine hochtrabende Idee gekommen. Da gondelte er gerade bei der Bundesgartenschau in einer Seilbahn über den Rhein und dachte: „Was für ein wunderbares Erlebnis!“ Deshalb hat der Böblinger gleich Pläne geschmiedet und auch Drahtseile vom Böblinger Bahnhof bis zum Schlossberg gespannt – rein theoretisch natürlich. Etwa zehn Millionen Euro würde die Strecke kosten, rechnet er vor. „Das wäre doch eine Superattraktion für Böblingen“, findet der Diplom-Informatiker nach dem Motto: Nicht nur kleckern, sondern auch einmal klotzen.

 

In Stuttgart wird seit Jahren über eine Seilbahn diskutiert

So weit hergeholt ist die Idee nach Ansicht von Eduard Swaczyna auch nicht. Im Frühjahr sind in Stuttgart Pläne diskutiert worden, die Touristen mit einer Seilbahn von Untertürkheim zur Grabkapelle auf den Wirtemberg zu schicken. Von der Wilhelma zum Mercedes-Museum oder von der einen Seite des Kessel zur anderen lauten andere Vorschläge. „Man sollte in Stuttgart die Berge nicht mit Tunneln bekämpfen, sondern die Hügel betonen“, unterstreicht der Werbeagentur-Besitzer Johannes Milla immer wieder. Zum Jubiläum des Hafens am Neckar vor sieben Jahren lieferte der österreichische Seilbahnbauer Doppelmayr einen Kostenvoranschlag: Eine rund drei Kilometer lange Achter-Gondelbahn am Fluss hätte knapp neun Millionen Euro gekostet.

Beim New Mobility Design Kongress, der diesen Juli in Stuttgart stattfinden wird, lautet ein Programmpunkt immerhin „Neue Ebenen: Gestaltung urbaner Seilbahnsysteme“. Mancherorts, etwa in der bergigen bolivianischen Stadt La Paz werden Gondeln bereits als öffentliches Nahverkehrsmittel über den verstopften Straßen eingesetzt und nicht nur zum Sightseeing. In Deutschland wird aktuell an einer Seilbahn für Berlin gebaut – wieder für eine Gartenschau: Sie soll in zwei Jahren in rund 30 Meter Höhe über der Internationalen Gartenausstellung IGA schweben und auf den 102 Meter hohen Kienberg führen. Die etwa 1,5 Kilometer lange Fahrt dauert rund fünf Minuten.

Ein touristisches Alleinstellungsmerkmal

Für Eduard Swaczyna wäre die Böblinger Seilbahn „ein touristisches Alleinstellungsmerkmal“ und nicht nur deshalb eine lohnenswerte Investition. Er hält das Projekt für sehr ausbaufähig – bis zum Sindelfinger Marktplatz nämlich. „Das würde doch die Innenstädte beleben“, ist er sich sicher. Neben der Süd-Nord-Achse plant er außerdem eine Ost-West-Achse vom Gewerbegebiet Hulb über das Flugfeld zum Breuningerland und bis zur Böblinger Therme. Die Firmen entlang der Strecke könnten Anschlüsse beantragen und zur Finanzierung beitragen, schlägt der Informatiker vor. Eine Machbarkeitsstudie fordert er für sein Projekt und den Bau einer Teststrecke. Seiner Information nach lassen sich die Stahlträger problemlos auf- und abbauen.

Die nun in Fahrt gekommene Diskussion um die Neugestaltung des Schlossbergs beflügelt aber nicht nur den Seilbahn-Verfechter. Sie hat auch den Altstadtrat Horst Wiedenhorn dazu gebracht, seine Vorstellungen für die Gegend wieder aus der Schublade zu holen. Vor fünf Jahren hatte er sein mit dem Ex-Stadtrat Gustav Schoder ausgearbeitetes Konzept, das so dick wie eine Broschüre ist, bereits der Stadt übergeben. Ein Café auf dem Schlossberg wünschten sie sich unter anderem und ein Pavillon im Schlossbergpark, wo Feste gefeiert werden könnten. Sie wollten auch für Einzelhändler und Fußgänger am Schlossbergring mehr Raum schaffen. Genau diese Vision ist bei der SPD-Veranstaltung „Quo vadis Schlossberg?“ weiterentwickelt worden: Ein Vorschlag lautete, die untere Poststraße bis zum Bären-Kino in eine Fußgängerzone zu verwandeln. In eine andere Richtung geht die Idee, in der Altstadt einen Gegenpol zum Flugfeld zu schaffen mit einer Art Kulturmeile, zu der ein Haus der Böblinger Stadtgeschichte gehören soll.

Der Biergarten wurde bald wieder geschlossen

Bernd Liebendörfer hat nur einen Wunsch: „Ich lege Wert darauf, dass die künftige Gestaltung des Schlossbergs zur Stadtkirche passt“, sagt der Dekan der evangelischen Kirchengemeinde. Denn die Kirche sei de facto das Wahrzeichen der Stadt. Eine Aufwertung würde er jedenfalls begrüßen: „Wenn man Besuchern etwas schönes zeigen will, dann ist es von dort oben aus nur der Blick in die Ferne“, sagt er. Aber der Dekan hat schon viele Anläufe für eine Neugestaltung des Schlossbergs erlebt. Eine Lösung zu finden, sei offenbar nicht einfach. Er erinnert an den Biergarten, der einst auf dem Aussichtspunkt installiert und bald wieder geschlossen wurde. „Wir haben dort oben auch manchmal einen ungemütlichen Wind“, warnt Bernd Liebendörfer.