Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart hat in einer Studie den Ballungsraum Stuttgart zum Top-Standort für den Handel erklärt. Die Einwohner könnten 20 Milliarden Euro fürs Shoppen ausgeben.

Stuttgart - Der Ballungsraum Stuttgart ist ein Top-Standort für den Handel, er zählt mit München und Rhein/Main zu den attraktivsten in Deutschland, und die Aussichten sind weiter positiv. Die Einwohner in der Region haben im laufenden Jahr eine für den Einzelhandel relevante Kaufkraft von 19,8 Milliarden Euro zur Verfügung. Dieser Summe stehen allerdings nur Umsätze im stationären Einzelhandel von 16,6 Milliarden Euro gegenüber. Somit würden 3,2 Milliarden Euro außerhalb der Region sowie im wachsenden Online- oder Versandhandel ausgegeben, die jährlich um zehn Prozent zulegen.

 

Diese Erkenntnisse stammen aus einer Studie der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart. Sie beleuchtet die regionale Verteilung von Kaufkraft, von Umsätzen im stationären Einzelhandel und die Kaufkraftströme für 62 Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern.

Stuttgart hat 4,6 Milliarden Euro Kaufkraft

Die für den Einzelhandel relevante Kaufkraft für Baden-Württemberg beläuft sich in diesem Jahr auf etwa 75 Milliarden Euro. Umsätze des Kfz-und des Brennstoffhandels, von Tankstellen und Apotheken bleiben dabei unberücksichtigt. Die Bevölkerung in der Region verfügt über 26,3 Prozent des Kaufkraftvolumens des Landes. Das stärkste Volumen weist Stuttgart mit 4,6 Milliarden Euro aus, es folgen die Städte Esslingen (672 Millionen) und Ludwigsburg (653 Millionen). Auf die Landkreise bezogen, hat Böblingen statistisch gesehen die wohlhabendsten Bewohner. Betrachtet man die einzelhandelsrelevante Kaufkraft pro Kopf führt Gerlingen mit 8302 Euro, Schlusslicht ist Geislingen/Steige mit 6238 Euro, Stuttgart kommt auf 7266 Euro. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 6582 Euro.

Ähnlich sieht es beim Umsatz im Einzelhandel aus. Stuttgart führt mit weitem Abstand vor Ludwigsburg. Beim Pro-Kopf-Vergleich landet die Landeshauptstadt aber nur auf Rang sieben. Hier stehen Kommunen wie Sindelfingen, Ludwigsburg und Backnang vorne, die mit Einkaufszentren auf der grünen Wiese punkten können. Den letzten Platz belegt Korb, davor platzierte sich Kernen im Remstal. Sie weisen Umsätze aus, die mehr als die Hälfte unter dem Bundesschnitt liegen und so einen Hinweis auf die Gefährdungslage geben. Diese Bürger kaufen vor allem außerhalb ihrer Gemeinde ein. Betrachtet man den Einzelhandelsumsatz kreisweit, liegt das Oberzentrum Stuttgart deutlich vor der Konkurrenz. Die IHK begründet dies damit, dass nicht nur Kunden aus den Nachbarkreisen, sondern auch aus Heilbronn, Ulm, Tübingen/Reutlingen und Pforzheim angelockt würden.

Die Mittelzentren sind Kaufkraftmagneten

Die Mittelzentren ziehen am erfolgreichsten Kaufkraft von außerhalb an. In Backnang liegt der Umsatz des örtlichen Einzelhandels um 122 Millionen Euro höher als die am Ort ansässige Kaufkraft, in Ludwigsburg sind es 304 Millionen Euro. Stuttgart landet nur auf Platz acht. Negativ machen sich nach Ansicht der IHK Bevölkerungsstruktur, wirtschaftliche Lage, Erwerbsbeteiligung, Lohnniveau und die teuren Mieten bemerkbar.

Im Vergleich mit anderen Metropolen behauptet sich Stuttgart aber gut, heißt es in der Mitteilung der IHK. Mit einer einzelhandelsrelevanten Kaufkraft von 4,6 Milliarden Euro liegt man auf Rang sieben. Betrachtet man aber den Betrag pro Einwohner, rückt Stuttgart auf Rang vier vor und lässt etwa Hamburg und Köln hinter sich. Noch besser steht die Landeshauptstadt im Vergleich des Einzelhandelumsatzes da: Hier liegt man mit dem Absolutwert von fünf Milliarden Euro auf Rang sechs und beim Pro-Kopf-Vergleich sogar auf Rang drei hinter München und Düsseldorf. Der Handel erzielt 35 Prozent mehr Umsatz als im Bundesschnitt. Und noch besser schneiden die Schwaben bei der Fähigkeit ab, Kaufkraft von außen anzuziehen: Hinter Nürnberg ist Rang zwei gesichert.

IHK-Präsidentin Marjoke Breuning, sie leitet seit 2003 mit ihrer Schwester als geschäftsführende Gesellschafterin das Familienunternehmen Maute-Benger an der Königstraße, sagt, die Handelsunternehmen seien auf „akzeptable Rahmenbedingungen“ angewiesen. Breuning wendet sich gegen Fahrverbote und den vom Gemeinderat beschlossenen Rückbau oberirdischer Parkplätze. Zudem warnt sie vor der Ansiedlung von Discountern oder Vollsortimentern in Randlagen und übermäßigen Regulierungen. In nur 13 der untersuchten 62 Städte fließe Kaufkraft zu. In einigen Kommunen erreiche der Abfluss örtlichen Potenzials „drastische Ausmaße“. Es drohe ein Teufelskreis: Je weniger Bedürfnisse der Branchenmix abdecke, desto geringer sei die Attraktivität für den Kunden.