Nach einem Urteil des Landgerichts muss ein illegales Bordell in der Leonhardstraße schließen. Doch es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich Stadt und Bordellbetreiber in der nächsten gerichtlichen Instanz wiedertreffen.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

S-Mitte - Die Stadt hat in einem weiteren Gerichtsverfahren gegen einen Bordellbetreiber Recht zugesprochen bekommen. Nach ihrer Lesart wird das Haus an der Leonhardstraße 6 illegal zur Prostitution genutzt. So sieht es auch das Landgericht. Es urteilte am Dienstag, dass der Bordellbetreiber schließen muss. Missachtet er den Richterspruch, droht ihm eine Geldstrafe von bis zu einer Viertelmillion Euro oder ersatzweise eine Haftstrafe von sechs Monaten.

 

Aller Voraussicht nach ist das Urteil aber nicht gleichbedeutend mit der Schließung. Nach bisherigen Erfahrungen mit juristischen Streitigkeiten im Rotlicht nutzt die Branche stets den vollen Rechtsweg aus. Was bedeutet, dass sich Stadt und Bordellbetreiber in der nächsten Instanz wiedertreffen werden, dann vor dem Oberlandesgericht. „Jede Wette“ würde er abschließen, dass die Gegenseite in die Berufung gehen, sagte der städtische Rechtsanwalt Roger Bohn.

Die Stadt prozessiert gegen jenen Bordellbetreiber nicht zum ersten Mal. Einen anderen Betrieb an der Leonhardstraße hatte er trotz höchstinstanzlichem Urteil des Oberlandesgerichts nach zwischenzeitlicher Schließung wieder eröffnet. Formal hatte ein Mieter aus der Schweiz das Haus übernommen und an Prostituierte untervermietet, angeblich gegen den Willen des Eigentümers. Der Fall ging neuerlich in den Rechtsstreit. Letztlich schloss das Bordell während des laufenden Verfahrens ohne erkennbaren Grund.

Auch die Leonhardstraße 6 beschäftigt keineswegs zum ersten Mal Juristen. Allein der Prozess vor dem Landgericht währte fast fünf Jahre. Die Anwälte des Betreibers hatten ein Urteil mit immer neuen Verfahrenstricks hinausgezögert. Mal meldeten sie sich aus dem Urlaub krank, mal stellten sie Befangenheitsanträge, mal reichten sie wegen Nebensächlichkeiten Gegenklagen ein. Ursprünglich war der Richterspruch bereits für den 20. Februar angekündigt. In der Urteilsverkündung ließ das Gericht sogar anklingen, es halte die Verzögerungstaktik für Rechtsmissbrauch.

Dem Hauseigentümer hingegen bringt jede Verzögerung erkleckliche Einnahmen. Nach Bohns Recherchen zahlen die Prostituierten täglich knapp 3000 Euro Mieter für ihre Zimmer.