Heckler & Koch hat vor dem Arbeitsgericht eine Niederlage erlitten. Der Waffenhersteller wollte die Schuld für illegale Waffendeals zwei Angestellten in die Schuhe schieben. Jetzt muss die Firma die beiden fristlos gekündigten Mitarbeiter wieder einstellen.

Villingen-Schwenningen - Der Waffenhersteller Heckler & Koch (HK) hat vor dem Arbeitsgericht Villingen-Schwenningen eine Niederlage erlitten. Nach Überzeugung der Kammer hätte der Konzern die beiden Beschäftigten im April vergangenen Jahres nicht fristlos entlassen dürfen. Den zwei Mitarbeitern wird von ihren Vorgesetzten vorgeworfen, für illegalen Waffenhandel mit Mexiko verantwortlich zu sein.

 

Nach der Entscheidung des Gerichts müssen sie bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung zu den bisherigen Bedingungen als Sachbearbeiterin und Bereichsleiter Export weiter beschäftigt werden. Hintergrund des Streits ist der Verkauf von am Ende fast 8000 HK G 36-Gewehren nach Mexiko, von denen illegal ein Gutteil in vier Unruheprovinzen gelangt sein sollen.

Der Fall hatte für bundesweites Aufsehen gesorgt- Die HK-Geschäftsleitung hatte per Aushang der Belegschaft mitgeteilt, die beiden Mitarbeiter seien für die mutmaßlich illegalen Waffenexporte in vier mexikanische Unruheprovinzen allein verantwortlich. Man werde sich deshalb von dem Vertriebsbeauftragten und der kaufmännischen Angestellten trennen. Sie hätten „eigenmächtig“ und „ohne Wissen und Wollen anderer Personen im Unternehmen“ gehandelt.

Kreis der Verdächtigen ist auf 24 Personen angewachsen

Der Freiburger Friedensaktivist und Rüstungsgegner Jürgen Grässlin hatte Heckler & Koch am 19. April 2010 angezeigt. Seither ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart. Der Verdacht richte sich „gegen zwei plus X“- Personen, erläutert die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Grässlin vermutet, dass die wirklich Verantwortlichen im Kreis der Verantwortlichen der Firma zu suchen sind.

Wie die Stuttgarter Zeitung aus Behördenkreisen erfahren hat, ist der Kreis der Verdächtigen mittlerweile auf 24 Personen angewachsen. Darunter finden sich sowohl Beschäftigte als auch Geschäftspartner des Rüstungsunternehmens. Die Strafanzeige ist ebenfalls erweitert worden. Statt neun Beschuldigter richtet sich nun der Verdacht gegen 14 Firmenangehörige.

Die beiden fristlos Entlassenen hatten sich gegen ihre Kündigungen mit dem Argument gewehrt, sie hätten stets mit Wissen und Billigung ihrer Vorgesetzten gehandelt. Nach Ansicht des Gerichtes waren sowohl Kündigungen nicht gerechtfertigt. Der Konzern habe sich nicht bemüht, den schwerwiegenden Verdacht gegen die beiden Angestellten zu erhärten, entschied das Amtsgericht (Az.: 12 Ca 154/13 und 12 Ca 155/13).

Heckler & Koch erklärte einer Stellungnahme, das Urteil habe die Firma aufgrund des Verlaufs der mündlichen Verhandlung „nicht erstaunt“. HK kündigte an, Berufung beim Landesarbeitsgericht Stuttgart einlegen zu wollen.

Rüstungsgegner fordert rasche Anklage gegen Verantwortliche

Bei der Arbeitsgerichtsverhandlung Anfang Dezember hatten die Anwälte sowohl von der HK-Geschäftsleitung, als auch der beiden Entlassenen umfangreich aus bisher streng vertraulichen internen Schriftwechseln und Protokollen zitiert. Darin ging es um die Kommunikation zwischen dem Vertriebsmann und dem damaligen Verantwortlichen für Exportgenehmigungen Peter Beyerle, einem pensionierten Rottweiler Landgerichtspräsidenten.

Die beiden tauschten Informationen darüber aus, für welche der mexikanischen Provinzen die Firma von der Bundesregierung wohl eine Genehmigung zur Ausfuhr ursprünglich 9652 G 36-Gewehren zum Stückpreis von 2500 Euro erhalten würde. Ein Teil der Waffen tauchte später in den vier Unruheprovinzen auf.

Für Rüstungskritiker Grässlin sieht in dem Urteil einen „Riesenerfolg“. Heckler & Koch habe „auf der ganzen Linie verloren.“ Die Strategie der zwei Bauernopfer sei gescheitert. „Wir fordern nun eine schnelle Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen die maßgeblich Verantwortlichen“, sagte Grässlin. Die Beweislage sei nach dem Arbeitsgerichtsverfahren eindeutig. Nach fast vier Jahren Ermittlungstätigkeit müsse die Staatsanwaltschaft nun endlich die Unternehmensführung ins Visier nehmen, „denn der Fisch stinkt bekanntlich vom Kopf.“

Villingen-Schwenningen -