Der Pariser Sitz des Internetkonzerns Google ist am Dienstag von Steueragenten durchsucht worden. Es geht dabei nicht nur um Steuerzahlungen, sondern auch um das „Recht auf Vergessen“ von Webeinträgen.

Korrespondenten: Stefan Brändle (brä)

Paris - Ein so großer Aufmarsch von Steuerbeamten war sogar für französische Verhältnisse sehr ungewöhnlich: Ungefähr hundert Mitarbeiter des Finanzamtes sowie Ermittler der Behörde gegen große Finanzkriminalität statteten dem Pariser Sitz von Google France am Dienstagmorgen einen Besuch ab. Was sie suchten, wollten weder die Regierung noch Google bekanntgeben. Doch der Zweck der Hausdurchsuchung war klar: Die Fahnder suchten nach Hinweisen, wie Google seine „Steueroptimierung“ betreibt.

 

Über das Ergebnis der Hausdurchsuchung wurde zunächst nichts bekannt. Nach einer ähnlichen Operation im Februar hatte es geheißen, der französische Fiskus verlange von Google 1,6 Milliarden Euro an steuerlichen Nachzahlungen. Google behauptet dagegen, seiner Steuerpflicht auch in Frankreich voll nachgekommen zu sein. Paris wirft dem US-Konzern hingegen unlautere Methoden vor. Google France betreibt seine französische Suchmaschine und die damit verbundenen Werbeeinnahmen in Frankreich über die Plattform AdWords in Irland. In Frankreich selbst wickelt das Tochterunternehmen offiziell nur seine Beratertätigkeit für den Mutterkonzern in den USA ab. Damit setzte der Konzern 2014 nur 17,2 Millionen Euro; die Steuerrechnung lag bei rund fünf Millionen Euro. Der Umsatz des Kerngeschäftes von Google in Frankreich dürfte jedoch ein vielfaches höher liegen.

Das „irländische Doppel“

Diese Einnahmen gehen, wie Steuerexperten vermuten, über eine Zwischenstation in den Niederlande zunächst nach Irland und von dort auf die Bermuda-Inseln, wo die Google Ireland Holding den Sitz hat. Insider nennen dieses in der Privatwirtschaft bekannte Verfahren „holländisches Sandwich“ oder „irländisches Doppel“. Die 20 größten Industrieländer (G20) , haben solche Praktiken im vergangenen Herbst verurteilt. Die OECD erarbeitet Standards gegen solche Modelle der Steueroptimierung. Großbritannien hatte mit Google anfangs des Jahres eine Steuerabfindung von umgerechnet 172 Millionen Euro ausgehandelt; der französische Finanzminister Michel Sapin lehnt solche Maßnahmen ab.

Abgesehen von den fiskalischen Fragen streiten sich Frankreich und Google auch beispielsweise über das „Recht auf Vergessen“. Franzosen verlangen besonders häufig, dass Google persönliche Daten und Sucheinträge, die das Persönlichkeitsrecht verletzen, aus dem Internet löscht. Der Suchmaschinenbetreiber ist dazu bereit, aber nur auf Landesebene. Die französische Datenschutzbehörde Cnil setzte bereits durch, dass die Daten EU-weit gelöscht werden müssen und verlangt nun, dass Google die Daten weltweit entfernt. Dagegen hat der Konzern Einspruch erhoben. Als Grund führt Google an, dass der französische Präzedenzfall dazu führen könnte, dass weniger demokratische Staaten das „Recht auf Vergessen“ zu Zensurzwecken missbrauchen könnten.