Extrem früh gestartet und inzwischen fast vorbei: die Weinlese hat in diesem Jahr einige Besonderheiten. Im Weinlabor von Horst Klingler werden die meisten Tropfen der Region analysiert.

Waiblingen - Dieses Jahr ist hoch interessant – so etwas habe ich in meiner Karriere seit 1978 noch nicht erlebt“, sagt Horst Klingler. Durch sein Weinlabor in Waiblingen-Neustadt gehen die meisten Tropfen der Weinmacher aus der Region und teils noch weit darüber hinaus. Denn der Mann der Kennwerte betreut weinanalytisch einen erklecklichen Anteil derer, die in der Szene Rang und Namen haben.

 

Und diejenigen, die die Behandlung dessen, was sie in den vergangenen Wochen in ihre Keller bekommen haben, von jenen Daten zu Säure, ph-Wert und Co. abhängig machen, die Klinglers Labor liefert, haben beim ganz besonderen Herbst des Jahres 2017 durchaus einige Fragen. „Ich bin grad ein gefragter Mann“, sagt Klingler grinsend zwischen zwei Telefongesprächen. Der Hauptgrund ist eben jene Tatsache, die 2017 weintechnisch so besonders macht: So eine frühe Lese hat es in den vergangenen Jahrzehnten nicht gegeben. „Wir haben nicht geherbstet“, meint Klingler, „wir haben gesommert“.

Für die biologische Stabilität fehlt es oft an Säure

Und so stammen die erste Datenreihen von den Weingütern Graf Neiperg, Aldinger oder auch Franz Keller am Kaiserstuhl, die er am Monitor aufrufen kann, auch von Ende August/Anfang September. Und eines, so sagt der Weinanalytiker, haben sie alle gemeinsam: Den meisten fehle es an genügend Säure, um am Ende einen ph-Wert zu erreichen, der biologische Stabilität beim resultierenden Wein garantiert. Weil dies aus Sicht der Weinanalytik angesichts der Reifeentwicklung schon früh absehbar war, habe er bereits Mitte Juli beantragt, eine zusätzliche Säuerung genehmigen zu lassen. Seit Ende August liegt diese EU-Genehmigung vor.

Im Moststadium dürfen in Württemberg 1,5 Gramm je Liter zugegeben werden, später dem werdenden Wein nochmals maximal 2,5 Gramm. Und um den angestrebten ph-Wert zu erreichen, ist für Klingler klar: „Das müssen wir auch ausnutzen.“

Innerhalb der Region habe es durchaus Unterschiede gegeben, was die Charakteristik von Lesegut und vergärendem Most angeht, berichtet Klingler. In der Hohenlohe sei nach den starken Frostschäden die zweite Generation an Trauben derart schnell gereift, dass man dort massiv überrascht wurde vom frühen Lesebeginn mit zu dem Zeitpunkt teils schon faulenden Beeren. Auch im Unterland habe man mit Fäulnistendenzen zu kämpfen gehabt, was sich deutlich in den Analysewerten niederschlage. „Herausheben muss ich das Remstal und Stuttgart“, sagt der Mann der Kennzahlen im Traubenmost. Von Untertürkheim bis Winterbach sei hervorragende Qualität mit sehr guten Werten eingebracht worden – dort jedenfalls, wo sorgfältig und rechtzeitig gearbeitet worden sei.

Kräftige Rotweine mit netten Tanninen

Von ansprechender Qualität bei rund 25 Prozent geringerer Menge als im Durchschnitt spricht in der Besigheimer Felsengartenkellerei im Übrigen auch der dortige Önologe und technische Betriebsleiter Sebastian Häußer. Er erwartet „kräftige Rotweine, die lagerfähig sind“. Im Remstal, wo der Müller-Thurgau schon in der abklingenden Gärung sei, freut sich Christian Escher nach einem „aufregenden Jahr“ auch über farbkräftige Rote mit netten Tanninen: „Die machen schon jetzt Spaß.“

Horst Klingler im Waiblingen Weinlabor erwartet dagegen noch einiges an analytischer Arbeit bis zum erhofften guten Ende des Weinjahrs. Sein Fazit ist – noch – etwas zwiegespalten: „Ein außergewöhnliches Jahr – nicht unbedingt in der Qualität, aber vom Zeitpunkt der Ernte.“