Die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft warnt vor den Folgen steigender Baukosten und davor, dass sie womöglich bald die eigenen Neubauaktivitäten reduzieren muss.

Stuttgart - Wenn in der Stadt hitzig diskutiert wird, geht es derzeit häufig um hohe Mieten und fehlende Wohnungen. Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) hat bezahlbaren Wohnraum bereits im Wahlkampf zur Chefsache erklärt und für diesen Herbst ein Strategiepapier angekündigt. Sollte die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) in dieser Situation ihre Bautätigkeit zurückfahren, könnte es schwierig werden, in der Stadt ausreichend günstige Wohnungen zu schaffen. Doch genau dies drohe, heißt es seitens der Gesellschaft. „Die SWSG erreicht bei Bauvorhaben nur mühsam die nötige Mindestwirtschaftlichkeit“, sagt ihr Sprecher Peter Schwab auf Anfrage dieser Zeitung. „Sollten die derzeitigen Preissteigerungen beim Bau anhalten, besteht die Gefahr, dass die SWSG ihre Neubautätigkeiten reduzieren muss, was angesichts fehlender Wohnungen fatal wäre.“

 

Wenn die Rathausspitze im Haushalt für das kommende Jahr 200 Sozialwohnungen in Aussicht stellt, will sie diese mit jeweils 10 000 Euro beim Bau bezuschussen. Im Paket mit einer möglichen Landesförderung soll sich der Bauträger im Gegenzug verpflichten, dauerhaft eine Miete von 7,50 Euro pro Quadratmeter anzubieten.

Bauen wird teurer

Dazu sagt SWSG-Sprecher Schwab: „Eine Förderung von 10 000 Euro erscheint hilfreich.“ Er fügt jedoch hinzu: „Durch die erhöhten Anforderungen an die Energieeffizienz wird Bauen sicher auch 2014 wieder deutlich teurer. Damit ist generell ein Anstieg der Mietpreise zu erwarten, oder die Investoren werden sich beim Neubau wieder zurückhalten.“

Aus Sicht der SWSG ist es notwendig, dass sich private Investoren am geförderten Wohnungsbau beteiligen. „Diese wichtige gesellschaftliche Aufgabe kann in Stuttgart nicht die SWSG alleine bewältigen“, erklärt Schwab und fügt an: „Für die diskutierte Anzahl von neuen preisgebundenen Wohnungen fehlt in der Stadt der Baugrund.“ Grundsätzlich sieht der Pressesprecher seine Gesellschaft in einer schwierigen Lage: „Insgesamt verzichtet die SWSG aufgrund ihrer sozialen Mietpolitik auf einen zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr und erreicht damit die Grenze der Belastbarkeit.“

Gemeinderat gibt Ziele vor

Gegen diese Aussagen gibt es Widerspruch: „Dass die SWSG an ihrer Belastungsgrenze sein soll , kann ich nicht nachvollziehen“, sagt Klaus Lang, der Vorsitzende des Eigentümervereins Haus und Grund. „Laut eigenem Geschäftsbericht hat die Gesellschaft im vergangenen Jahr 13,3 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet.“ Auf die Aussage, die SWSG könne den sozialen Wohnungsbau nicht allein leisten, sagt Lang: „Wer soll es denn sonst machen? Das ist keine private, sondern eine städtische Aufgabe.“

Die Stadt ist alleiniger Gesellschafter der SWSG, somit kann sie den Kurs vorgeben, lautet das Kredo des Haus-und-Grund-Vorsitzenden. „Wenn man im Rathaus mehr sozialen Wohnungsbau will, muss man der SWSG eben Geld zuschießen oder auf die Gewinne verzichten“, erklärt Lang. „Die Stadt hat mit der SWSG das Werkzeug für mehr bezahlbaren Wohnraum in der Hand, sie muss es nur entsprechend einsetzen.“ Ähnlich äußert sich der Stuttgarter Mieterverein: „Die Wohnungsbaugesellschaft hat die Ziele zu verfolgen, die ihr der Gemeinderat vorgibt“, sagt der Vereinsvorsitzende Rolf Gaßmann.

Private Investoren motivieren

Michael Föll, der Erste Bürgermeister und Vorsitzender des Aufsichtsrats der SWSG, sagt auf StZ-Anfrage: „Die Gesellschaft kann nicht in beliebiger Höhe Sozialwohnungen bauen, aber ebenso klar ist, dass die SWSG einen erheblichen Beitrag leisten wird, um die Ziele im geförderten Wohnungsbau umzusetzen.“

Im Gemeinderat stoßen die SWSG-Äußerungen auf ein gemischtes Echo: Die Grünen verteidigen die Bauvorschriften zur Energieeinsparung. „Damit die Kosten abgefedert werden, können Unternehmen zur Finanzierung staatliche Förderprogramme abrufen“, sagt Silvia Fischer, die wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion. Die CDU betont, die SWSG müsse sich weiterhin selbst tragen. „Einen jährlichen Zuschuss wollen wir nicht“, sagt der Fraktionschef Alexander Kotz. SPD-Fraktionschefin Roswitha Blind betont: „Man muss private Investoren motivieren, sich im geförderten Wohnungsbau zu engagieren.“ Nach Meinung von FDP-Chef Bernd Klingler ist die SWSG von ihrer Belastungsgrenze bei jährlichen Millionengewinnen noch weit entfernt. Freie-Wähler-Chef Jürgen Zeeb kritisiert die strikten Energievorgaben: „Wir dämmen uns zu Tode“, urteilt er. Die Fraktion SÖS/Linke bezweifelt, dass die Wohnungsbaugesellschaft ihre Mittel effektiv einsetzt, um günstigen Wohnraum zu schaffen. „Lofts in Toplagen zu bauen gehört jedenfalls nicht dazu“, sagt Fraktionschef Thonas Adler.