Teilnehmer des Bündnis für Wohnen klagen über zu wenig neue Sozialwohnungen und zu hohe Baukosten. Die Rufe nach mehr öffentlichen Zuschüssen im geförderten Wohnungsbau werden lauter.

Stuttgart - Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) ist derzeit von seinen selbst gesteckten Zielen in Sachen Wohnen weit entfernt. Und der Weg zu mehr bezahlbarem Wohnraum in Stuttgart ist lang. Das ist auch den Teilnehmern des Bündnis für Wohnen klar. Inzwischen mehren sich daher die Stimmen, die öffentlich über höhere städtische Zuschüsse im geförderten und sozialen Wohnungsbau nachdenken.

 

Der Chef des Stuttgarter Mietervereins, Rolf Gaßmann, hat bereits mehrfach angemahnt, dass die Finanzmittel, die die Verwaltung in den sozialen Wohnungsbau investiert, nicht ausreichten. Nun bekommt Gaßmann Unterstützung von ungewohnter Seite. „Wir müssen mit den Investoren klären, welche Anreize tatsächlich nötig sind, damit sich auch private Bauträger in diesem Segment wieder engagieren“, erklärt der Vorstand des Vereins Immobilienwirtschaft Stuttgart (IWS), Peter Brenner. Statt 200 bis 300 neuer Sozialwohnungen, wie sie vom OB jährlich angestrebt werden, sind im Jahr 2014 lediglich 22 finanziert worden. (Die StZ berichtete.) „Man muss darüber nachdenken, richtig Geld in die Hand zu nehmen“, erklärt Brenner weiter. Er ergänzt: „Am Ende muss für den Investor eine positive Rechnung stehen.“ Eines der Probleme, die dem IWS-Chef Sorgen dabei bereiten, sind die gestiegenen Baukosten. „Es gibt immer mehr Auflagen – teilweise sind die auch sinnvoll, wie beispielsweise in Sachen Energie“, so Brenner, „doch sie machen das Bauen teurer.“

Grafik: Liste aller Bauflächen für Misch- und Wohnnutzung (ausgenommen reine Gewerbegebiete) - für eine größere Ansicht klicken Sie auf die Grafik

Guter Eindruck vom Bündnis

Von der Zusammenarbeit mit der Stadt im Bündnis für Wohnen hat der IWS-Vorstand bislang allerdings einen guten Eindruck. Man müsse einen andauernden Prozess und ständigen Dialog haben, sagt er. „Denn in wenigen Monaten lassen sich die Probleme in Stuttgart nicht lösen.“

Kritischer beurteilt Mietervereinschef Gaßmann die Lage: „Ich wundere mich, dass bei der Stadt offenbar nichts in dieser Sache passiert ist“, sagt er und fügt hinzu: „Es sieht aus, als ob das Bündnis für Wohnen bei der Verwaltung nicht in die Gänge kommt.“ Auf einen Brief mit Vorschlägen, den er an Fritz Kuhn geschickt hat, habe er bis heute nicht einmal eine Eingangsbestätigung erhalten, sagt der Vereinschef und fügt an: „Angesichts beschämend niedriger Antragszahlen im sozialen Wohnungsbau ist die schnelle Arbeitsaufnahme im Bündnis für Wohnen dringend geboten.“

Im Vergleich mit anderen Großstädten sieht es auch nicht gut aus. Laut der Hochtief-Projektwicklung ist Stuttgart unter den Top-7-Standorten das Schlusslicht mit zirka 49 000 Quadratmetern Wohnfläche, die 2015 fertiggestellt werden. Berlin führt mit etwa 390 000 Quadratmetern.

Nächste Sitzung im März

Nach Angaben der Stadt soll das Bündnis für Wohnen am 18. März zu seiner zweiten Sitzung zusammenkommen. Die Einladungen werden Anfang kommender Woche verschickt, heißt es aus dem Rathaus. Im März müsse dann konkret darüber diskutiert werden, welche Aufgaben die Stadt und welche die privaten Partner im Bündnis übernehmen könnten.

Der Zusammenschluss aus Immobilienwirtschaft, Mieterverein, Haus und Grund, Wohnungsgenossenschaften sowie den zuständigen städtischen Ämtern war im vergangenen November erstmals zusammengetreten.

Eigentümer wollen eigentlich vermieten

Die Eigentümerlobby Haus und Grund hat seither bereits erste Aktivitäten gemeinsam mit der Verwaltung unternommen. „Es wurden auf Anregung von OB Kuhn Schreiben zum Thema Leerstand zusammen mit den Grundsteuerbescheiden verschickt“, berichtet der Geschäftsführer des Vereins, Ulrich Wecker. Insgesamt seien 160 000 Aufrufe verschickt worden. Zahlreiche Eigentümer seien bereit, wieder zu vermieten, wenn Sie etwa Unterstützung bei steuerlichen Fragen bekommen könnten, so Wecker.

Auch Thomas Wolf, der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der ehemals gemeinnützigen Wohnbauträger, sagt mit Blick auf den steigenden Bedarf an neuen, preisgünstigen Wohnungen. „Wir sehen insbesondere bei den heutigen Kosten für Neubauten, den kostenintensiven gesetzlichen Auflagen und den Stuttgarter Grundstückspreisen ein erhebliches Problem, neue Wohnungen im Preissegment von rund acht Euro pro Quadratmeter herzustellen.“