Die Nachfrage nach Wohnraum in Stuttgart ist größer als das Angebot. Die Folge sind immer weiter ­steigende Immobilienpreise. Die Politik muss die Frage nach dem Wachstum der Stadt dringend beantworten, meint StZ-Redakteur Sven Hahn.

Stuttgart - Stuttgart ist heiß begehrt. Viele Menschen wollen in der Stadt leben – die Nachfrage nach Wohnraum ist bei Weitem größer als das Angebot. Die Folge sind immer weiter steigende Immobilienpreise. Für die Politik knüpft sich daran zwingend die Frage nach dem Wachstum der Stadt. Darf Stuttgart in Zukunft nicht weiter wachsen, hätte dies zur Folge, dass Bürger mit kleinen und mittleren Einkommen aus der Stadt verdrängt würden. In der Konsequenz hieße das: nur noch Reiche können sich Stuttgart leisten. Der maßgebliche Grund für die starke Anziehungskraft der Stadt ist rasch gefunden. Im Vergleich mit anderen Regionen gibt es rund um Stuttgart eine Fülle gut bezahlter Arbeitsplätze. Und wer von der prosperierenden Industrie in den Südwesten gelockt wird, versucht in aller Regel, in der Landeshauptstadt und nicht im Umland eine Wohnung zu finden. Das führt dazu, dass sich Menschen aus vollkommen verschiedenen Einkommensklassen um das knappe Angebot an Wohnraum streiten.

 

Im Gegensatz zu Wahlkampf- und Sonntagsreden bedeutet das aber: bleibt die Landeshauptstadt trotz ihrer immer größeren Attraktivität auf politischen Wunsch hin auf ihre heutige Einwohnerzahl begrenzt, nimmt die Politik die steigenden Immobilienpreise und die darauf folgende Verdrängung von Menschen mit kleineren Einkommen billigend in Kauf. Stichhaltige Argumente gegen mehr neue Baugebiete – etwa der Erhalt der hohen Lebensqualität oder der Schutz der Grünflächen – bedeuten im Umkehrschluss auch, dass sich Wohnen in Stuttgart immer mehr zu einem Luxusgut entwickelt.

An diese Feststellung schließt sich zwangsläufig die Frage nach dem sozialen Gefüge in Stuttgart an. Damit eine Stadt funktioniert, braucht sie mehr als Ingenieure und Manager, die von den hohen Löhnen der großen Arbeitgeber profitieren. Erzieherinnen, Polizisten, Krankenschwestern oder Altenpfleger sind für das tägliche Zusammenleben mindestens genauso wichtig wie Akademiker. Doch mit ihren Gehaltszetteln lässt sich eine Wohnung in Stuttgart kaum mehr anmieten – von der Finanzierung der eigenen vier Wände ganz zu schweigen.