Beim Bollywood-Festival lässt sich am Wochenende noch Überraschendes entdecken. Zu den Höhepunkten der größten indischen Filmschau in Europa darf der Dokumentarfilm „The Bengali Detective“ gerechnet werden.

Stuttgart - Ist diese Flasche Shampoo irgendwie verdächtig? Die Ermittler der Always-Detective-Agentur stehen ein wenig ratlos vor einem kleinen Laden und wenden ein Plastikbehältnis mit sämigem grünem Inhalt hin und her. Ihre Firma ist Produktpiraten in Kalkutta auf der Spur, viele Markenhersteller bitten sie um Schutz und Hilfe. Denn die Polizei ist ineffizient, überfordert und zu Teilen auch korrupt. Doch so  ehrlich es der Agenturgründer Rajesh Bharti auch meinen mag, seine Firma ist viel zu klein, um es mit großen Wirtschaftskriminellen aufzunehmen. Sie erwischen nur immer kleine Händler, die zusehen müssen, ihre Familien zu ernähren, und die selber eher Opfer als Täter sind.

 

Der Dokumentarfilm „The Bengali Detective“, der am Samstagabend beim 9. Indischen Filmfestival Stuttgart um 20 Uhr im Metropol zu sehen ist, darf zu den Höhepunkten der größten indischen Filmschau in Europa gerechnet werden. Jedenfalls von jenen Zuschauern, die anderes suchen als die klassischen Edelkitschmusicals. Der Regisseur Phil Cox legt streckenweise fast eine Kriminalkomödie vor, einen Film über den Alltag von Detektiven in einer trubeligen Metropole, der ganz weit entfernt ist von dem Klischees der TV-Serien. Wobei die Protagonisten allerdings gerne mal so in die Kamera schauen, als möchten sie sich dringend als markige Helden für eine indische Mixtur aus „CSI“ und „Criminal Minds“ empfehlen.

Aber „The Bengali Detective“ zeigt dann immer wieder, dass das Ganze eben kein Spaß ist. Nicht nur verschafft er uns interessante Stadtansichten, indem er die Detektive bei ihrer Arbeit begleitet, er schildert auch noch anderes als die Suche nach Shampoo-Piraten. Die Detektei bekommt erstmals auch den Auftrag, in einem möglichen Mordfall zu ermitteln. Die nackten und verstümmelten Leichen dreier junger Männer wurden auf den Bahngleisen gefunden. Egal, wo Bharti und seine Leute hinkommen, egal, was sie fragen, egal, wonach sie suchen, die Polizei war nie vor ihnen da. Sie hat nichts getan und wird nichts tun. Als Bharti an die Grenzen seiner legalen Möglichkeiten stößt und einem Kriminalbeamten seine gesammelten Ermittlungsergebnisse überreicht, gibt der ihm zu verstehen, wie wenig er vorhat, auch nur bis zum Aktenschrank zu schlurfen. Das stellt Bharti auf eine harte Probe. Denn der Mann hat seine Detektei gegründet, um die Stadt nicht mehr nur als Opfer zu erleben, sondern um sie zum Besseren zu wenden.

Dass man eine Stadt und ihre Angebote je nach Stand und Finanzen ganz anders erlebt, ist Thema der sehr flotten und mit alten Bollywoodklischees immer nur kurz spielenden Komödie „Delhi in a Day“ von Prashant Nair. Ein junger Brite, Sohn eines Geschäftsfreundes, kommt hier zu Besuch ins Haus einer oberen Mittelklassefamilie aus Delhi. Dass der Ausländer das wahre Indien der Massen sucht, verwirrt, amüsiert und nervt die Gastgeber.

Wir bekommen die Bedienten zu sehen und die Herrschaften, wobei der Abschlussfilm des Festivals (Sonntag, 17 Uhr) die Unteren nicht als bloße Diener und die Oberen nicht als edle Herren zeigt, auch wenn er letztlich so etwas wie wohlwollende Vormundschaft der Gebildeten über die Ungebildeten für ganz in Ordnung hält. Aber so charakterstark, schwungvoll und schön fotografiert sind deutsche Unterhaltungsproduktionen leider nicht. Wir sind da, keine Frage, Entwicklungsland.