Günther Vallon ist es passiert. Wie mehr als 600 andere Menschen in Baden-Württemberg hat sich der Mann aus Stuttgart-Sillenbuch dieses Jahr mit dem Hantavirus angesteckt. Im Krankenhaus musste er erst Überzeugungsarbeit leisten.

Sillenbuch - Günther Vallons Gärtenhäuschen ist Sperrgebiet. Von Weitem zeigt er darauf. Dort drin hat er sich Anfang Juni angesteckt – mit dem Hantavirus. Eine heftige Erkrankung, die normalerweise in Deutschland selten vorkommt. In diesem Jahr sind die Zahlen im Südwesten jedoch außergewöhnlich hoch. Bis Mitte vergangener Woche waren mehr als 600 Infektionen mit der meldepflichtigen Krankheit in Baden-Württemberg registriert. Im gesamten Jahr zuvor waren es lediglich etwa 100 Fälle insgesamt gewesen. In Stuttgart wurden laut Stadt in diesem Jahr bislang etwa 30 Fälle gemeldet.

 

Hauptüberträger ist hierzulande die Rötelmaus. Tragen die Nager das Virus in sich, scheiden sie es mit dem Kot oder Urin aus. Und Menschen wiederum atmen dies mit dem normalen Staub ein, wenn sie im Keller Holz umschichten, im Wald joggen – oder wie Günther Vallon im Gartenhäuschen in der Sillenbucher Landstadt hantieren.

Es war in seinem Fall die Rötelmaus

Die Rötelmaus war es auch in seinem Fall, und er weiß es so genau, weil er zwei Exemplare mit der auffälligen Fellfärbung gefangen hat. Für die Uni Hohenheim flaggt der 73-Jährige Zecken. Das heißt, er zählt mittels eines weißen Tuchs, das er durchs Grünzeug im Garten zieht, wie viele der Parasiten auf welcher Fläche leben, damit das Institut für Parasitologie genauere Daten erheben kann. Und um herauszufinden, wie die Zecken in seinen Garten kommen, fängt Günther Vallon auch aus eigenem Antrieb Mäuse, die wiederum Zecken als blinde Passagiere mitbringen können. Dabei, betont er, ist er stets sehr vorsichtig und nähert sich den Tierchen nur mit einer speziellen Zange. Auch bei den beiden Rötelmäusen hat er „wie üblich Abstand gehalten“. Dennoch hat er sich angesteckt. Vielleicht beim Aufräumen der Gartengeräte. Vielleicht beim Durchfegen in der Hütte. Vielleicht beim Düngerholen.

Als sich Günther Vallon schließlich vor gut einem Monat matt fühlte, dachte er zunächst an eine Sommergrippe. Am selben Abend bereits stieg das Fieber auf knapp unter 40 Grad. Ein Arzt stellte schließlich auffällige Atemgeräusche fest und schickte den Patienten ins Krankenhaus. Diagnose: Lungenentzündung. „Das ist eine Begleiterscheinung der Hantavirus-Infektion“, sagt Günther Vallon.

Es wurde akutes Nierenversagen festgestellt

In der Klinik wies er – zunächst vergeblich – auf seine Begegnung mit den Mäusen hin und bat um einen Hanta-Test. Erst als er deutlich Wasser einlagerte, seine Zuckerwerte sich stark verschlechterten und akutes Nierenversagen festgestellt wurde, stand die abschließende Diagnose. Acht Tage verbrachte er im Krankenhaus. Viel tun außer Gewehr bei Fuß zu stehen und ihn genau zu überwachen, konnten die Ärzte in der Zeit nicht. „Das Problem ist, es gibt keinerlei Therapie“, sagt Vallon.

Mittlerweile ist er wieder daheim – auch, weil er die Infektion nicht an sein Umfeld weitergeben kann. „Zwischen Menschen ist das Hantavirus nicht übertragbar“, betont er. Seine körperliche Fitness, glaubt er, hat ihm geholfen, rasch wieder einigermaßen auf die Beine zu kommen. Dennoch kämpft er nach wie vor gegen Schwindel und Kraftlosigkeit. Die Ärzte haben ein Programm zur Nierenschonung aufgelegt und prophezeit, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis sich der Körper vollständig erholt. Gartenarbeit und andere anstrengende Tätigkeiten sind aktuell tabu. Dennoch sagt er: „Ich hadere nicht mit meinem Schicksal.“

Der Mann aus Stuttgart-Sillenbuch will andere warnen

Günther Vallon erzählt seine Krankengeschichte, um andere zu warnen. „Ich denke, dass der eine oder andere vorsichtiger sein könnte. Mein Anliegen ist, dass die Leute das ernst nehmen.“ Vor allem auf Mäusekot solle man achten. Auch wenn Günther Vallon nach Angaben seiner Ärzte jetzt gegen den Hantavirus-Stamm immun ist, will er zum Schutz Dritter vorsorgen. Sobald er sich etwas fitter fühlt, will er sich dem Gartenhäuschen widmen. „Ich werde es desinfizieren und umbauen. Da wird es keine Mäuse mehr geben.“