Dieter Zetsche kündigt an, dass Daimler zusammen mit dem Industriegase-Hersteller Linde 20 neue Wasserstofftankstellen errichten will.

Stuttgart - Die Botschaft, die Dieter Zetsche verbreitet, ist einfach: Wir kommen! Das signalisiert der Daimler-Vorstandschef mit jedem Satz, den er sagt an diesem aus seiner Sicht großen Tag für die Brennstoffzelle. 30.000 Kilometer haben die drei neongrünen B-Klasse F-Cell auf ihre Tachos gefahren, seit sie am 29. Januar, dem Tag des Festakts zum 125-Jahr-Jubiläum des Automobils, zu ihrer Weltumrundung aufbrachen. Am Mittwoch, 125 Tage später, kehrten sie zurück nach Stuttgart: ohne technische Ausfälle, ohne Sicherheitsprobleme im heißen australischen Outback, ohne Startschwierigkeiten im frostigen Himalajagebirge. "Wir haben bewiesen, dass die Zeit reif ist für die Brennstoffzelle", jubiliert Zetsche.

 

Den einzigen Knackpunkt, an dem die Technologie noch scheitern könnte, sieht er in der Infrastruktur. 200 Wasserstofftankstellen gebe es weltweit, sieben davon in Deutschland. Auf ihrer Weltumrundung durch vier Kontinente haben die Fahrerteams ihre B-Klassen an gerade mal drei Stellen betanken können, eine davon war der Stuttgarter Flughafen. Auf der Strecke blieben die Testfahrer nur deswegen nicht liegen, weil ein Lkw, beladen mit Wasserstofftanks, ihnen folgte.

Zetsche hat ein ehrgeiziges Ziel

Das ist nicht zufriedenstellend für einen Konzern, der bereits mehr als eine Milliarde Euro in die Brennstoffzelle investiert hat - und der die Technologie in absehbarer Zukunft in Serienreife bringen will. "Es muss Schluss sein mit unproduktiven Debatten", fordert Zetsche deswegen und nimmt sich selbst beim Wort: Er kündigt an, dass Daimler zusammen mit dem Industriegase-Hersteller Linde bundesweit 20 neue Wasserstofftankstellen errichten will. Sie sollen vor allem in der Gegend von Hamburg und Berlin gebaut werden, aber auch gewährleisten, dass Fahrern entlang der Hauptverkehrsrouten wie Hamburg- München der Sprit nicht ausgeht. "Wir machen Deutschland zum Vorreiter im weltweiten Wettlauf um Elektromobilität", formuliert Dieter Zetsche sein ehrgeiziges Ziel. "Damit lassen wir den gordischen Knoten platzen", schloss Andreas Opfermann aus dem Vorstand der Linde AG sich an.

Die erste Tankstelle soll schon 2012 in Betrieb gehen, die letzte in drei Jahren. Es soll ausschließlich regenerativ erzeugter Kraftstoff aus dem Zapfhahn strömen. Grüner Sprit also für ein Auto, das bei der Fahrt kein klimaschädliches Kohlendioxid ausstößt. Bei den Elektrofahrzeugen wird Wasserstoff getankt, den eine Brennstoffzelle in Strom umwandelt. Aus dem Auspuff kommt nur Wasser.

Kein Mangel am Fahrspaß

20 Millionen Euro wird es kosten, die Tankstellen aufzubauen. Geld, das Zetsche gut angelegt sieht: "Ich verstehe das als Initialzündung für die Brennstoffzelle", sagt er. Der Konzern will denn auch 2014 und damit ein Jahr früher als geplant in die Serienproduktion von Brennstoffzellenfahrzeugen einsteigen.

Vorerst kommen 200 F-Cell-Fahrzeuge auf den Markt, 25 sind bis jetzt schon auf der Straße. Weil die B-Klasse F-Cell in dieser Miniserie unbezahlbar wäre, kann sie derzeit nur zu der stattlichen Rate von 1000 Euro pro Monat geleast werden. Doch der Fahrer spart an anderer Stelle. Pi mal Daumen gilt: ein Kilogramm Wasserstoff reicht für 100 Kilometer und enthält damit dreimal mehr Energie als Dieselkraftstoff. Einmal Tanken dauert drei Minuten, kostet 36 Euro und bringt einen Fahrer ohne Bleifuß 400 Kilometer weit.

Abgesehen vom Motorengeräusch mangele es der 136 PS-starken B-Klasse an nichts, vor allem nicht am Fahrspaß. Das sagt zumindest der Fachjournalist, der die Weltumrundung der drei neongrünen Testfahrzeuge über die ganzen vier Monate begleitet hat. Seinen Rückblick schließt er mit den Worten: "Also, ich könnte noch!"

Aus dem Auspuff kommt nur Wasserdampf

Funktion: Die Brennstoffzelle (englisch: fuel cell) ist beim Einstieg in die Elektromobilität eine Alternative zur Batterie. Die Zelle erzeugt in einer Art kalten Verbrennung aus Wasserstoff und Luftsauerstoff elektrischen Strom, der einen Elektromotor antreiben kann. Aus dem Auspuff kommt dabei nichts als Wasserdampf.

Anwendung: Die deutsche Marine treibt ein U-Boot mit Brennstoffzellen an. Sogar ein Propellerflugzeug flog bereits mit dieser Technik. Mercedes präsentierte 1994 das erste Brennstoffzellen-Testfahrzeug Necar 1. Ökologisch sinnvoll ist die Technik aber nur, wenn der Wasserstoff mit Wind- oder Solarstrom erzeugt wird.

Reichweite: Mit den heutigen Tanks liegt die Reichweite eines Brennstoffzellen-Pkw bei 400 Kilometern, Lithium-Ionen-Batterie kommen auf höchstens 150. Außerdem dauert das Tanken nur ein paar Minuten. Eine Batterie braucht dagegen zum Laden an einer normalen Steckdose mehrere Stunden.