Landkreise, Industrie- und Handelskammer, Stadt Stuttgart und Region ziehen an einem Strang – mit dem Ziel, die Verhältnisse auf den Straßen und dem Neckar zu verbessern.

Stuttgart/Region - Es ist den beengten Raumverhältnissen im Landesverkehrsministerium geschuldet gewesen, dass Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) für die landesweite Straßenbaukonferenz Anfang November die Räume der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart nutzte. Doch der – zufälligen – örtlichen Nähe folgt nun ein – gewolltes – inhaltliches Zusammenrücken. Die IHK als Vertreterin der Wirtschaft, der Verband Region, die Landkreise Esslingen, Böblingen, Göppingen, Ludwigsburg und Rems-Murr und die Stadt Stuttgart wollen sich gemeinsam dafür starkmachen, dass der Bund mehr Geld in Infrastrukturprojekte in den Ballungsraum am Neckar fließen lässt. Über die Grundsätze ist man sich nach Informationen der Stuttgarter Zeitung bereits einig, gebastelt wird intern allerdings noch an einer Prioritätenliste.

 

Regionalpräsident Bopp sieht Handlungsbedarf

„Die Sondierungen laufen, ebenso die Abstimmung mit dem Ministerium für Verkehr und Infrastruktur“, sagt Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne). Das Bündnis solle, so der Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU), die Stimme der Region in Berlin stärken. „Wir müssen angesichts der Verkehrslage aktiv werden“, sagt Bopp im Bezug auf die zahlreichen Staus in der Region. „Es gibt Handlungsbedarf“, betont der Ludwigsburger Landrat Rainer Haas, der mit den Anstoß für den Vorstoß gab.

Hintergrund der Initiative ist die Sorge, dass angesichts knapper werdender Mittel immer mehr Projekte in der Region auf die lange Bank geschoben werden – zumal angesichts der Tatsache, dass Förderprogramme des Bundes für Straße und Schiene im Jahr 2019 auslaufen und es dafür noch keine Nachfolgeregelungen gibt. Zudem übersteigen aus heutiger Sicht – trotz eines eher restriktiven Kurses von Hermann – die vom Land als dringlich nach Berlin gemeldeten Straßenbauprojekte bei Weitem die von der Bundesregierung in Aussicht gestellten Finanzmittel. „Die zu knappen Mittel für Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sind bundesweit heiß umkämpft“, sagt der IHK-Präsident Georg Fichtner auf StZ-Anfrage. Damit sich die Region Stuttgart in diesem Verteilungskampf besser positionieren kann, sind IHK, Landräte, OB Kuhn und der Verband Region derzeit dabei, einen Schulterschluss für ein gemeinsames Auftreten zu suchen. „Im Kern geht es darum, die für die Region wichtigen Projekte voranzutreiben und für diese Vorhaben bei Abgeordneten und Ministerien zu werben“, sagt Fichtner.

Großer Nachholbedarf wird beim Straßenbau gesehen

Dabei haben die regionalen Akteure neben dem Straßenbau auch die Neckarschleusen im Blick, deren Ausbau eine direkte Bundesaufgabe ist. Und im öffentlichen Nahverkehr mit Bahnen und Bussen sind die Fördermittel ungewiss. So tun sich bei Planungen für Schienenprojekte wie etwa der S-Bahn-Verlängerung von Filderstadt-Bernhausen nach Neuhausen/Filder aus heutiger Sicht wegen der unklaren Zuschusspraxis des Bundes nach 2019 riskante Finanzierungslücken auf. Die CDU-Bundestagsabgeordneten Steffen Bilger (Ludwigsburg) und Michael Hennrich (Kirchheim) raten dem Verband Region Stuttgart jedoch von einem Ausstieg aus dem Projekt ab. Eine Folgeregelung für die sogenannte GVFG-Förderung sei im Koalitionsvertrag mit der SPD als Aufgabe festgehalten. Bei den Verhandlungen 2013 sei „in etwa von der gleichen Höhe“ die Rede gewesen, sagt Bilger.

Großer Nachholbedarf wird derweil beim Straßenbau gesehen. Das neue Bündnis, bei dem Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn eine führende Rolle spielen soll, macht sich insbesondere dafür stark, dass die vom Land für den neuen Bundesverkehrswegeplan 2015/2016 vorgeschlagenen Projekte in die Liste der zu finanzierenden Maßnahmen aufgenommen werden. Dazu gehört vor allem der Ausbau der Autobahnen in der Region – etwa auf der viel belasteten A 81 zwischen Pleidelsheim im Kreis Ludwigsburg und Leonberger Kreuz und weiter auf der A 8 bis Wendlingen im Kreis Esslingen mit durchgehend acht Fahrspuren. An einigen Stellen sollen dafür die bestehenden Standspuren genutzt werden. Auf dem Plan steht auch der sechsspurige Ausbau der A 81 zwischen Böblingen/Hulb und dem Stuttgarter Kreuz. Aber auch bei autobahnähnlichen Bundesstraßen sehen die Initiatoren Bedarf. Dazu könnten die Verlängerung der B 10 im Filstal und ihr Ausbau auf sechs Spuren im Neckartal und auf vier Spuren zwischen Stuttgart und Vaihingen/Enz gehören. Und schließlich soll der B-14-Ausbau im Rems-Murr-Kreis in Richtung Backnang fortgesetzt werden.

Auf den Fildern haben am Donnerstag auf Initiative des Landtagsabgeordneten Thaddäus Kunzmann (CDU, Nürtingen) Politiker verschiedener Couleur bereits den Schulterschluss geübt, um dem sechsspurigen Ausbau der B 27 Nachdruck zu verleihen. Bilger macht ihnen Mut: Aufgrund der hohen Belastung dieser Straße sei die Einstufung der Verbreiterung in die höchste Dringlichkeitsstufe des neuen Bundesverkehrswegeplans „unstrittig“.