Die Initiative Joblinge veranstaltet mit Jugendlichen einen Theaterworkshop im Club Schräglage. Von dem Trainer Alexej Boris lernen die arbeitslosen Jugendlichen, wie sie sich in sozialen Situationen verhalten und dass es andere Lösungen als Gewalt gibt.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Die Aufgabe war klar: Jede Gruppe sollte sich eine Szene ausdenken und diese den anderen Jugendlichen vor vorspielen. Zwei Bedingungen hat der Schauspieler und Kabarettist Alexej Boris den 15 Jugendlichen gestellt: Die Geschichte muss einen klaren Anfang und ein klares Ende haben. Berkans Gruppe stellt einen Boxkampf nach, er selbst ist dabei der Verlierer, geht am Ende zu Boden. Janines Dreier-Team stellt eine Flirt-Situation nach. Zwei Lektionen vermitteln die drei, bevor sie sich in die Werbepause verabschieden. Dem Trainer Boris ist das zu wenig. „Das war schluderig gesprochen, und die Begrüßung hat auch gefehlt“, sagt er. Damit sei der Anfang des Stücks zu unklar.

 

Die schauspielerische Leistung steht nicht im Vordergrund

Um die schauspielerische Leistung geht es ihm in dem knapp zweiwöchigen Workshop im Club Schräglage nicht. Die Jugendlichen sollen Grundlagen der Kommunikation sowie soziales Verhalten lernen. Vor allem sollen sie mitnehmen, dass es für Probleme andere Lösungen als Gewalt gibt, sagt Boris. Die 13 Jungs und die zwei Mädchen befinden sich seit fünf Wochen bei Joblinge in Ausbildung. Die gemeinnützige Initiative gegen Jugendarbeitslosigkeit bietet ein sechsmonatiges Vollzeitprogramm an, in welchem es junge Erwachsene auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. Sie alle nehmen auf Empfehlung der Jobcenter an der Maßnahme teil, weil sie selbst keine Stelle finden oder sich gar nicht erst um eine Ausbildung bemüht haben. So ist das bei der 22-jährigen Janine. Sie hat soeben die zweijährige Berufsfachschule abgeschlossen und die Mittlere Reife erlangt. Für ihren Abschluss hat sie drei Jahre gebraucht. „Ich hatte mit der Schule echt zu kämpfen“, gibt sie zu. Sich gleichzeitig noch um einen Ausbildungsplatz zu bewerben? Für sie undenkbar. „Ich hatte die meiste Zeit Angst, dass ich die Schule abbreche.“

Fast alle Jugendliche, die an dem Programm teilnehmen, kommen aus sozial schwachen Familien oder haben einen Migrationshintergrund, sagt Janina Germann-Sentner. „Es ist eher die Ausnahme, dass die Jugendlichen keine privaten Probleme haben“, ergänzt die Standortleiterin für Stuttgart. Seit 2014 gibt es die Initiative am Marienplatz. Im Jahr 2008 nahm die erste gemeinnützige Joblinge AG in Zwiesel im Bayrischen Wald ihre Arbeit auf. Mittlerweile ist Joblinge bundesweit aktiv in Frankfurt, München, Berlin oder Köln.

Jobling Thomas hofft über das Programm, eine neue Ausbildungsstelle zu finden. Seine Lehre als Koch hat er abgebrochen. „Ich möchte in die kaufmännische Schiene“, sagt der 21-Jährige. Seine erste Anstellung hat er gekündigt. „Ich wollte nicht Koch werden, sondern nur von zu Hause weg.“

Vor allem Alltagsverhalten steht auf dem Programm

Die Gruppe von Janine und Thomas ist in Stuttgart der siebte Durchgang. Viermal im Jahr fängt eine Gruppe mit 20 Jugendlichen an. Das Joblinge-Team vermittelt ihnen Tipps und Kontakte für das Bewerbungsverfahren sowie richtige Verhaltensweisen. „Auch um einfache Dinge wie Hygiene geht es“, sagt Germann-Sentner. Viele der Jugendlichen scheitern schon daran, morgens pünktlich zu sein. „Bei uns lernen die Teilnehmer vieles erst einmal auf die sanfte Tour“, sagt die Standortleiterin. „Viele kennen keinen geregelten Alltag.“

Bei Joblinge sollen sie solche Fertigkeiten spielerisch lernen. Ein fester Bestandteil des Konzepts ist deshalb das Kultur- und Sportprogramm in den ersten sechs Wochen. Dabei kooperiert Joblinge mit Theater, Museen oder Sportvereinen. Der Schauspieler Alexej Boris bereitet die Jugendlichen dieses Mal auf eine Aufführung vor. Am morgigen Donnerstag präsentieren die Jugendlichen die Szenen in der Schräglage vor einem kleinen Publikum. Für die Kooperation mit dem Club ist Germann-Sentner dankbar. „Wir sind immer auf der Suche nach Räumen für die Workshops.“ Die Schräglage habe unkompliziert geholfen.

Von dem Theaterprojekt sind die Jugendlichen nicht recht überzeugt. „Ich lerne halt, offener zu sein“, sagt Janine lapidar. Thomas sieht für sich schon einen Gewinn. Er lerne, wie er sich in einem Gespräch selbstbewusster verhalte. Allerdings geht ihm das Programm zu langsam. „Ich möchte lieber schon Bewerbungen schreiben.“ Denn einig sind sich beide: Sie wollen einfach nur schnell einen Ausbildungsplatz finden.