Der Innenminister weist Kritik an seinem Konzept zur zivilen Verteidigung zurück. Von Aufrufen zu Hamsterkäufen oder Panikmache könne keine Rede sein, betont er. Es gehe um Vorsorge für Krisenfälle. Die werde getroffen nach dem Motto: Der kluge Mann baut vor.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - „Der kluge Mann, die kluge Frau, baut vor“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) an diesem Mittwoch in Berlin. Mehr habe es mit dem neuen Konzept der Bundesregierung zur zivilen Verteidigung nicht auf sich – aber auch nicht weniger. „Wir wünschen uns alle, dass große Krisen uns erspart bleiben. Trotzdem müssen wir vorbereitet sein“, betonte de Maizière. Die jetzt im Kabinett gebilligte Konzeption zur zivilen Verteidigung sei seit langem vorbereitet worden, sie sei keineswegs als Reaktion auf die aktuelle Terrorbedrohung oder akute Gefahren zu verstehen. „Nun gibt es eine Grundlage, auf der alle Ressorts arbeiten können“, ergänzte der Minister. „Wir haben uns angemessen und mit kühlem Kopf vorbereitet. Das macht jeder Staat der Welt.“

 

Minister weist Vorwurf der Panikmache zurück

Entschieden wies der Minister den in den vergangenen Tagen von Oppositionspolitikern erhobenen Vorwurf der Panikmache zurück. „Es ist eine dauerhafte Aufgabe des Staates, Vorsorge für den Schutz seiner Bevölkerung zu treffen.“ Der Bund sei für die Abwehr schwerwiegendster Gefahren für Strom- und Wasserversorgung, Ernährung und IT-Netze verantwortlich. Das erfordere vielfältige Vorbereitungen. Im Krisenfall müssten etwa Ministerien, die nicht mehr arbeitsfähig seien, in Ausweichquartiere verlagert und einige Stunden lang mit Notstromaggregaten versorgt werden können. Banken müssten im Fall eines großflächigen Ausfalls der Informationstechnik auch ohne Geldautomaten in der Lage sein, eine Bargeldversorgung für die Bürger zu organisieren. Aufrufe zum Selbstschutz der Bürger bei etwaigen Gesundheitsgefährdungen kann der Innenminister sich heutzutage mit Warn-Apps und Smartphone vorstellen; auf die im Kalten Krieg praktizierte Sirenen-Warnungen will er nicht zurückgreifen.

De Maizière sieht Stromausfall als wahrscheinlichste Gefahr

Anders als viele Beobachter unterstellen würden, stuft de Maizière nicht etwa einen Terrorangriff mit Waffengewalt, sondern einen länger andauernden Stromausfall als wahrscheinlichstes Gefahrenszenario der Gegenwart ein. Da viele Produktions- und Versorgungsprozesse heute digital gesteuert würden, sei die Abhängigkeit von der Stromversorgung sehr hoch. Er könne sich Gruppen oder Staaten vorstellen, „die mal ausprobieren wollen, wie resilient die deutsche Gesellschaft in so einem Fall ist“, betonte de Maizière. „Da geht es um weit mehr, als dass man kein Licht hat und eine Kerze aus dem Keller holen muss.“

Der Minister verwahrte sich dagegen, die Empfehlung zu einer angemessenen Vorratshaltung als Aufruf zu Hamsterkäufen zu bewerten. Einen Teil der Krisenvorsorge könnten „starke Bürger, die in Freiheitsicher leben wollen“, selbst übernehmen. „Das ist ähnlich, wie wenn man eineReiseapotheke in den Urlaub mitnimmt“, betonte er.

Regierung will die Wehrpflicht nicht reaktivieren

Die vor allem durch Beiträge aus der Unionsfraktion wieder aufgeflammte Debatte über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht, hat die Bundesregierung so entschieden wie einsilbig abgeräumt. „Nein“, antwortete die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer auf die Frage, ob die Bundesregierung die Rückkehr zur Wehrpflicht erwäge. „Das steht überhaupt gar nicht zur Debatte“, ergänzte de Maizière. „Es gibt keinerlei Überlegungen, den verpflichtenden Wehrdienst wieder einzuführen“, ließ seine Kabinettskollegin, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), ausrichten. Im Sinne der Vorsorge für den Spannungs- und Verteidigungsfall werde die Wehrpflicht allerdings auch nicht ganz abgeschafft.