Nach dem Mord an einer Studentin hat das Sicherheitsgefühl in der Stadt im Breisgau massiv gelitten. Nun haben das Land Baden-Württemberg und die Stadt Freiburg eine Sicherheitspartnerschaft vereinbart, die mehr Polizei, einen konsequenteren Vollzugsdienst und Videoüberwachung vorsieht.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Freiburg - Das Land Baden-Württemberg und die Stadt Freiburg sind eine Partnerschaft mit dem Titel „Sicherer Alltag“ eingegangen. Gemeint ist ein Pilotprojekt zur „Verbesserung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“. Dafür soll die Polizeipräsenz erhöht werden, es soll „Videoüberwachung an Kriminalitätsbrennpunkten im Stadtgebiet“ und eine intensive Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden von Kommune, Land und Bund geben. „Wir reden nicht nur, wir handeln“, sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU) bei der Unterzeichnung der Vereinbarung am Freitag in Freiburg. „Wir sind sehr entschlossen, die objektive Sicherheitslage zu verbessern und den Freiburgern wieder ein gutes subjektives Sicherheitsempfinden zurückzugeben.“

 

Spitze in der Kriminalitätsstatistik

Die Schere zwischen tatsächlicher und gefühlter Bedrohung ist seit dem Mord an einer Studentin im Oktober 2016, den ein Flüchtling begangen haben soll, weiter auseinander gegangen. Auch der Mord an einer Joggerin am 30 Kilometer entfernten Endingen am Kaiserstuhl wird in die Verunsicherung eingerechnet, obwohl beide Fälle nichts miteinander zu tun haben. Freiburg hat seit Jahren die höchsten Zahlen in der polizeilichen Kriminalstatistik des Landes. 2015 waren es 13 296 Straftaten auf 100 000 Einwohner, also mehr als doppelt so viele wie im Landesdurchschnitt.

„Wir lassen Freiburg nicht allein“, beteuerte Innenminister Strobl und demonstrierte mit verschränkten Händen, dass Stadt und Land „Hand in Hand“ daran gingen, die Gewaltkriminalität in Freiburg „in einem ersten Zwischenschritt“ um zehn Prozent zu reduzieren. Dafür sollen Freiburgs zwei Polizeireviere von Herbst an zehn neue Stellen zusätzlich bekommen. Außerdem werden 86 Bereitschaftspolizisten von Lahr nach Umkirch verlegt und sind somit schneller einsetzbar. Zehn zusätzliche Polizeibeamte soll auch der grenznahe Landkreis Lörrach erhalten. Diese Zusagen macht der Innenminister noch vor der neuen Personalplanung der Polizei. „Die Sonderbehandlung von Freiburg“ sieht Strobl als eine „gerechtfertigte Bevorzugung“ auf Grund der hohen Kriminalitätsrate.

Laut dem OB fühlen die Menschen sich sicherer

Deshalb würden auch die seit Herbst 2016 zusätzlich nach Freiburg abgeordneten 25 Beamten mindestens bis Jahresende bleiben. „Das hat bereits große Wirkung erzielt“, betont der Oberbürgermeister Dieter Salomon (Grüne). „Die Leute freuen sich, sie fühlen sich sicherer, weil sie sehen: Da passt jemand auf!“ Salomon fordert seit Jahren mehr Polizei für Freiburg, aber erst mit den Problemen der „Unbegleiteten minderjährigen Ausländer“ (UMA) in Bahnhofsnähe und nach dem Mord an der Dreisam hat er mehr Gehör gefunden.

Auch die Stadt Freiburg bringt sich in die Sicherheitspartnerschaft ein. Sie will die bekannten Problemgebiete per Video überwachen und bis 2020 alle Straßenbahnen mit Kameras ausstatten. Der Gemeindevollzugsdienst soll um zehn Personen aufgestockt werden, die eine besondere Ausbildung erfahren, die über das Verteilen von Strafzetteln für Falschparker hinausgeht. „Wir werden damit den ganzen Katalog der Ordnungswidrigkeiten ins Visier nehmen“, sagte der für die kommunale Polizei zuständige Erste Bürgermeister Otto Neideck (CDU).

Einen „Kommunalen Ordnungsdienst“ (KOD) wie es ihn in anderen Großstädten gibt, hat Freiburg nicht, der Gemeinderat war mehrheitlich dagegen. Nach dem Polizeigesetz kann aber der Gemeindevollzugsdienst mit den gleichen Befugnissen ausgestattet werden. Der Einführung des KOD durch die Hintertür muss jedoch der Gemeinderat zustimmen. „Ich glaube, dass diese Lösung mehrheitsfähig ist“, sagt Bürgermeister Neideck optimistisch. In allen Fraktionen sei klar, dass etwas getan werden müsse. „Freiburg soll eine saubere Stadt bleiben“, fordert Minister Strobl.