Nach einigen Verzögerungen ist am Mittwoch der Neubau des Innenministeriums an der Willy-Brandt-Straße eröffnet wurden. Dabei ging es um die Rolle des Ministeriums in der Demokratie – und um Erinnerungen an die NS-Zeit.

Stuttgart - Der Ministeriumsneubau an der Willy-Brandt-Straße ist am Mittwoch von den beiden Landesministern Nils Schmid (Wirtschaft und Finanzen) und Reinhold Gall (Inneres) feierlich eröffnet worden. Das mehr als 200 Meter lange Gebäude, in dem neben dem Innenministerium mit einem modernen Lagezentrum auch Abteilungen der Ministerien für Umwelt und für den Ländlichen Raum untergebracht sind, hat 65 Millionen Euro gekostet. Eigentümerin ist die Baden-Württemberg-Stiftung, die den von dem Berliner Architekturbüro Volker Staab entworfenen Bau an das Land vermietet hat.

 

„Dieser gelungene Neubau bringt alle Abteilungen des Innenministeriums an einem Standort zusammen“, sagte Schmid in seiner Rede vor mehreren Hundert Gästen und Mitarbeitern. Das ermögliche eine effizientere Arbeitsweise und kürzere Kommunikationswege, weil auch andere Ministerien in der Nähe des Kernerplatzes lägen. Die Eröffnung sei ein Grund zum Feiern, so Schmid. „Schließlich wird nicht alle Tage ein neues Ministerium gebaut.“

Mängel und Lob

Auf einer Nutzfläche von 19 500 Quadratmetern sind Arbeitsplätze für mehr als 600 Mitarbeiter entstanden. Ein Konferenz- und Veranstaltungsbereich, eine Tageseinrichtung zur Kinderbetreuung und eine Kantine runden das Raumangebot ab. Dieses erwies sich für die Mitarbeiter als gewöhnungsbedürftig. „Ich sage natürlich nicht, dass es anfangs kalt war“, betonte der Hausherr Reinhold Gall. Er verriet auch nicht, dass sich Mitarbeiter in einem Treppenhaus ausschlossen oder durch Gänge im falschen Stockwerk irrten. Dafür moniert der Personalrat immer noch die von den Mitarbeitern als „Vereinzelungsgeräte“ bezeichneten Sicherheitsschleusen, die pro Minute nur drei Personen den Durchlass gewähren. Deshalb bildeten sich davor zur Mittagszeit stets lange Schlangen.

Trotz solcher Mängel lobte der Innenminister die Ausstattung des Neubaus. Sein Ministerium verfüge nicht nur über gute Arbeitsplätze und eine sehr gute Kantine, sondern auch über „das bundesweit modernste Lage- und Katastrophenzentrum“. Das neue Ministerium sei nach schwieriger Bauzeit „ein offenes Haus für eine moderne Demokratie“. Die Bürger seien im öffentlich zugänglichen Teil des Ministeriums stets willkommen.

Erinnerungen an die NS-Zeit

Gall erinnerte auch daran, dass „das Innenministerium einst in die NS-Verbrechen verstrickt war“. „Deshalb ist der Name Eugen Bolz ein zentraler Anker unserer Erinnerungskultur.“ Der frühere Innenminister Bolz war 1933 abgelöst und 1945 wegen seiner Beteiligung am Widerstand des 20. Julis 1944 von den Nazis hingerichtet worden. Die 1958 im alten Innenministerium enthüllte Büste von Bolz soll auch im neuen Haus wieder aufgestellt werden.

Baubürgermeister Matthias Hahn freute sich über die gute Stimmung im Haus und die „lapidare Schlichtheit der Architektur“. Dank der strengen Maßstäbe von Stadt und Land sei ein wunderbarer Stadtbaustein entstanden. Um dieses Ziel zu erreichen, „hat die Stadt von Februar bis Dezember 2008 einen rekordverdächtigen Bebauungsplan erstellt“. Der Neubau sei aber fast Stuttgart 21 zum Opfer gefallen, verriet Hahn. „Die Bahn hat damals eine Veränderungssperre gefordert, weil zuerst der Tiefbahnhof gebaut werden sollte.“ Von diesem Plan sei der Schienenkonzern erst abgerückt, so Hahn, nachdem er in einem Gespräch „sehr laut“ geworden sei. Der Bürgermeister freute sich auch darüber, dass – wie von der Stadt gewünscht – die Ulmen an der zum Schlossgarten gelegenen Rückseite des Ministeriums erhalten geblieben seien. „Sonst hätten Sie die Parkschützer am Hals gehabt“, erklärte er an die Adresse des Landes.

Gebaut wurde seit Oktober 2009

Mit der Planung des neuen Ministeriums war schon 2007 begonnen worden. Im Februar 2008 ging dann das Berliner Architekturbüro Volker Staab mit seinem Entwurf für den Neubau als Sieger des Architektenwettbewerbs hervor. Im Oktober 2009 wurde der Grundstein für den Neubau gelegt. Dieser verfügt über ein nachhaltiges Heiz- und Kühlkonzept, das Energie aus dem Nesenbach bezieht.

Ende Februar 2013 konnte das neue Haus von den Mitarbeitern der Ministerien bezogen werden. Der Umzug sei ein logistisches Meisterstück gewesen, betonte Reinhold Gall. In nur zwei Tagen sei es gelungen, 4400 laufende Meter Akten und 3900 Kartons vom alten Innenministerium an der Dorotheenstraße in die Willy-Brandt-Straße zu schaffen.