Union und SPD streben ein Verbot der NPD an. Wie lange die Vorbereitung eines Antrags beim Bundesverfassungsgericht dauert, bleibt offen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Wiesbaden - Obwohl bei der Innenministerkonferenz das Einstimmigkeitsprinzip gilt, haben die Ressortchefs des Bundes und der 16 Länder wie selten zuvor ihre Einmütigkeit unterstrichen. Das Bemühen um die Beseitigung der NPD eint demnach alle - gleichgültig, welchem Lager sie angehören.

 

Von einem "deutlichen Signal" und einer "klaren Botschaft" sprach Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) als Gastgeber der Tagung in Wiesbaden: "Wir streben das Verbot der NPD an." Wie lange die Vorbereitung eines Antrags beim Bundesverfassungsgericht dauern kann, darauf wollte er sich nicht festnageln lassen. Der CDU-Politiker sprach lediglich von einem überschaubaren Zeitraum. "Wenn wir es machen, machen wir es mit Substanz", sagte er. Ein weiteres Scheitern des Verbotsverfahrens nach 2003 wäre der zweite Ritterschlag für die NPD. "Wir sind zum Erfolg verdammt", sagte Rhein, der sich in seinem Kurs des sorgfältigen Vorgehens bestätigt sah.

"Hohes Maß an Übereinstimmung"

Die SPD-geführten Länder hatten zuvor zur Eile gedrängt. In Wiesbaden erkannte ihr Sprecher, Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), dennoch ein "hohes Maß an Übereinstimmung". Er sei froh, dass die Minister mit einer Zunge sprächen. "Nur so können wir das Verfahren erfolgreich zum Abschluss bringen", sagte er. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CDU) bilanzierte: "Wir sind ein gutes Stück vorangekommen."

In einem ersten Schritt soll die bereits eingerichtete Bund-Länder-Arbeitsgruppe von Januar an "unter Hochdruck" einen Katalog von Kriterien erarbeiten, die für das Verfahren notwendig sind, und darüber hinaus "valides Beweismaterial" von Polizeibehörden und Verfassungsschutz einsammeln. Friedrich selbst will zusammen mit Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) den Vorsitz der Arbeitsgruppe übernehmen.

Gewalt gegen den Staat

Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann warnte als Sprecher der CDU-Länder vor der Annahme, dass man praktisch kurz davor sei, die NPD zu verbieten. Erst müsse sauber nachgewiesen werden können, dass die NPD Gewalt gegen den Staat angewendet habe und dass eine Verbindung zum Rechtsterrorismus bestehe. Gemeint ist zum Beispiel der jüngst inhaftierte Ex-NPD-Funktionär Ralf Wohlleben, der zu den Unterstützern der Zwickauer Terrorgruppe gehören soll.

2003 hatte das Verfassungsgericht einen ersten Verbotsantrag wegen des Einflusses von V-Leuten des Verfassungsschutzes auf die NPD-Führung abgewiesen. Nun soll die Bund-Länder-Arbeitsgruppe klären, bis zu welcher Ebene V-Leute womöglich abgeschaltet werden müssen. Auf die V-Leute generell verzichten wollen die Innenminister keineswegs. Ihr Wert sei unbestritten, sagte Rhein. "Ohne die Quellen geht es nicht." Darüber Einigkeit zu erzielen habe keine 30 Sekunden gedauert, erklärte Schünemann zu angeblichen Meinungsverschiedenheiten.

"Datenpool" scheidet aus

Der CDU-Mann hält die Arbeit von V-Leuten in vielen Bereichen für unersetzlich. Beispielsweise könne das Land Niedersachsen dank ihrer Hinweise auf Immobilienankäufe durch die NPD, die Räume für Schulungen benötige, rechtzeitig reagieren. Es habe auch schon diverse spektakuläre Tipps gegeben, etwa vor dem geplanten Anschlag auf die Münchner Synagoge.

Auch ein Terrorabwehrzentrum und eine sogenannte Verbunddatei für Neonazis wurden auf den Weg gebracht. Die Innenminister machen sich dafür stark, dass nicht nur gewalttätige, sondern auch gewaltbereite Rechtsextreme - also Anstifter - in der Zentraldatei erfasst werden. "Wir müssen die Gesamtstruktur aufklären", fordert Friedrich. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will nur Rechtsextremiste aufnehmen, die durch Gewalttaten oder die Beteiligung an der Vorbereitung aufgefallen sind. Erfasst werden könne eventuell noch das Auffordern zu Gewalttaten. Die Datensammlung müsse "handhabbar" bleiben. Zudem dürfe die Zuständigkeit von Polizei und Geheimdiensten nicht unzulässig vermischt werden. Ein "Datenpool", aus dem sich alle Behörden frei bedienen, scheide aus.