Eine Million Besucher haben den Volksfestauftakt gefeiert. Nicht alle erfreut das Treiben. Gastronomen aus der Innenstadt ist der Ansturm jener ein Graus, die in der City nach dem Wasenbesuch noch weiter feiern wollen.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Das erste Wasenwochenende hat gezeigt: Der Volksfestboom hält an. Mehr als eine Million Besucher strömten nach Bad Cannstatt. „Die Freude in der ganzen Stadt ist groß, auch der Einzelhandel in der Innenstadt, vom Trachtenladen bis zum Optiker, profitiert vom Volksfest“, sagt Andreas Kroll vom Veranstalter „In Stuttgart“. Doch nicht alle Gewerbetreibenden in der Stuttgarter Innenstadt stehen dem Wasen positiv gegenüber.

 

Andreja Maros etwa. Die Gastronomin betreibt am Hans-im-Glück-Brunnen die Bar Kottan. Wenn das Gespräch auf den Wasen kommt, wird Maros energisch. „Vor den Toren der Stadt sollten Türsteher platziert werden, die Besucher nicht nach Stuttgart lassen, die nicht belegen können, dass sie in der Stadt wohnen. Manche Leute sollte man nach dem Volksfest einfach nicht mehr in die Stadt lassen.“

Wie Maros denken einige Gastronomen in der Innenstadt. Auch Janusch Munkwitz, Architekt und Betreiber der Bar Transit/Bergamo am Hans-im-Glück-Brunnen, sieht die Wasenzeit sehr kritisch. „Sobald das Volksfest losgeht, muss ich das Personal an der Tür verstärken. Das Problem ist, dass die Wasengäste mit Macht in die Stadt drängen.“ Eigentlich sollte sich ein Gastronom aber doch über potenziell mehr Gäste freuen. „Das stimmt, trifft aber eben nicht auf das Wasenpublikum zu. Die Festzelt-Reste kommen zum einen zu einem Zeitpunkt, an dem der Laden schon voll ist. Da die Gäste dann meist selbst schon voll sind, konsumieren sie kaum mehr etwas und sind einer entspannten Stimmung nicht gerade zuträglich.“

Schlechte Karten für Gäste in Dirndl und Lederhose

Auch in Sachen Mode hat Munkwitz Probleme mit dem Wasen. „Ich verstehe nicht, welchen historischen Bezug Lederhosen und Dirndl zu Stuttgart haben. Bei uns kommen nur ganz sympathische Leute in Volksfestmontur rein.“ Maros geht sogar einen Schritt weiter: „In Tracht lasse ich keinen ins Kottan rein.“

Probleme mit dem Wasenoutfit hat Axel Steinbeck von der Schräglage nicht. An anderer Stelle hat der Club dagegen sehr wohl Schwierigkeiten mit dem Cannstatter Volksfest. Das aber eher ungewollt. „Es gibt einen komischen Schwung an betrunkenen Leuten in der Innenstadt, die oft in keinen Laden mehr reinkommen.“ Während der Volksfestzeit beobachtet Axel Steinbeck deutlich mehr Schlägereien an der Hirschstraße, in der die Schräglage liegt. „Am Ende wird das dann wieder uns Clubbetreibern angekreidet. Dabei würden wir im Club gerne auf die Leute achtgeben. Was sollen wir aber machen, wenn wir sie erst gar nicht mehr reinlassen können?“ Stefan Schneider vom Palast der Republik sieht ebenso wie sein Kollege Axel Steinbeck die Gefahr, dass am Ende die Gastronomen in der Innenstadt die Zeche für das Volksfest zahlen. „Das ganze ist ja faktisch ein städtisches Besäufnis. Die Stadt übernimmt hier eine Art Tankstellenfunktion, die Leute glühen vor, und ab drei Uhr wird die Innenstadt dann zum Hexenkessel, den wir ausbaden müssen.“

Der Wasen zieht auch Kaufkraft aus der City ab

Für den Ex-VfB-Profi Michael Zeyer, der sein Restaurant 5 einige Schritte vom Palast entfernt betreibt, hat sich das Volksfest grundsätzlich und nicht gerade zum Besseren gewandelt. „Als ich zum letzten Mal noch zu meiner VfB-Zeit auf dem Wasen war, war es ein Bierfest und die Zelte waren halb leer. Heute ist es die größte Après-Ski-Party in ganz Baden-Württemberg, mit Dirndl, Lederhose und Champagner aus Maßkrügen.“ Zeyer wolle das ganze nicht „despektierlich betrachten“. Als Gastronom merkt man aber schon, dass für die Wasenzeit Kaufkraft nach Bad Cannstatt abwandere. „Die Geschäftsleute, die sonst bei mir essen, gehen dann halt auch mal auf den Wasen, um auswärtige Geschäftsfreunde einzuladen.“ Zeyer freut sich wie seine Gastronomenkollegen auf ein Stück Normalität nach dem Wasen: „Einige Gäste brauchen dann aber wohl erst mal Urlaub nach zwei Wochen Feiern.“