Das Corporate Startup Meetup (CSM), wo sich Vertreter etablierter Firmen mit Start-ups treffen, ist in Stuttgart inzwischen eine feste Größe. Im Programm war diesmal auch eine Zwischenbilanz für das EnBW-Innovationsprojekt.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Christine Wienhold, Innovationsmanagerin bei der EnBW, fasste in den Accelerate Spaces in Stuttgart ihr Fazit von drei Jahren Innovationsprojekt in Schlüsselzahlen. Es gab bisher neun durch die Mitarbeiter gegründete Unternehmen, von denen sieben noch existieren. Es gibt drei Investitionen in externe Startups durch einen mit 100 Millionen Euro bestückten Risikokapitalzweig, zunächst als Minderheitsbeteiligung. Und es sind vier Zukunftsfelder definiert, auf denen der durch die Energiewende in seinem bisherigen Geschäftsmodell erschütterte Energiekonzern nach neuen Wegen zum Geldverdienen sucht: Vernetztes Haus, zukünftige Mobilität, smarte Stadt und das Konzept des virtuellen Kraftwerks, also einer intelligenten Steuerung der inzwischen 1,6 Millionen kleinen Kraftwerke in Deutschland, die heutzutage statt früher drei Dutzend Großkraftwerken Strom ins Netz speisen.

 

Entrepreneure finden sich nicht so einfach

EnBW ist in Baden-Württemberg, auch durch wirtschaftliche Zwänge bedingt, einer der Pioniere gewesen, der ein umfangreiches, an der Startup-Kultur orientiertes Innovationsprogramm aufgesetzt hat. So gibt es beispielsweise für Mitarbeiter die Möglichkeit, sich für sechs Monate während eines Tages freistellen zu lassen, um an einer Geschäftsidee zu arbeiten, die anschließend gegebenenfalls in dem unternehmenseigenen Innovationscampus weiterentwickelt wird.

Dennoch sei das schwierigste der kulturelle Wandel: „Mitarbeiter mit Unternehmergeist können sie nicht einfach pflücken“, sagte Wienhold auf die Frage, wie es mit dem internen Nachschub an Entrepreneuren aussehe. Und am Frustrierendsten sei es, wenn auch drei Jahre nach dem Start des Programm noch das Vorurteil zerstreut werden müssen, dass man, in Anspielung auf spielerische Start-up-Methodiken, auf dem EnBW-Campus „irgendetwas mit Legosteinen“ mache oder „nur Geld verbrenne“.

Das Innovationsprojekt ist fest etabliert

Das Programm sei aber fest etabliert und werde im Augenblick auf eine noch breitere Grundlage gestellt. Nachdem erste Projekte wie eine intelligente Straßenlampe marktreif geworden seien, habe man erkannt, dass es nicht mehr nur genüge, ein bewegliches Start-up-Team zu haben. „Es geht nun wirklich darum, ein Unternehmen auch groß zu machen“, sagte Wienhold. Hier seien wieder andere Strategien und Fertigkeiten gefordert, als beim ersten Hochziehen einer Gründeridee: „Wir wollen, dass aus einem Tüftlerteam ein Wachstumsteam wird.“

Auch der Umgang mit Kunden aus den Kommunen oder den Abfallwirtschaftsbetrieben sei ein ganz anderer als man es von Start-ups kenne, die sich an Endkonsumenten richten. „Und wir müssen auch noch einen Weg finden, wie wir Mitarbeiter, die erfolgreich gegründet haben, am Erfolg ihrer Unternehmen beteiligen“, sagte Wienhold.

EnBW will im Innovationsprojekt noch mehr Ressourcen für den Aufbau des Vertriebs zur Verfügung stellen: „Wir sind als Energieversorger bisher in Baden-Württemberg aktiv. Doch wenn es um neue Geschäfte geht, muss man national oder sogar international denken.“ Auch bei den Investitionen in externe Start-ups will EnBW künftig noch weitergehen. Künftig soll es auch Mehrheitsbeteiligungen geben, wenn die jungen Firmen strategisch gut zum Geschäft passen. Neben der Gründung von drei internen Start-ups sei in diesem Jahr noch der Einstieg in drei weitere Unternehmen geplant.

Zwei Sieger im Startup-Wettbewerb

Zum Programm des Corporate Startup Meetup gehörte wie üblich ein Start-up-Präsentationswettbewerb, bei denen sich Teilnehmer für ein großes Finale im Sommer qualifizieren können, wo es sogar zwei Tickets ins Silicon Valley zu gewinnen gibt - erst einmal nur zu Besuch.

Nach einer 30 Sekunden langen Schnellpräsentation gingen in der zweiten Runde als Sieger zwei recht gegensätzliche Start-ups aus Stuttgart hervor. Foodoracle hat sich zum Ziel gesetzt, durch clevere Prognose-Algorithmen, die Verschwendung von Essen in Mensen und Großküchen zu minimieren. Man will deutlich präziser vorhersagen, was tatsächlich gegessen wird. Hier geht es zunächst weniger um das lukrative Geschäftsmodell als den gesellschaftlichen Nutzen.

Der zweitplatzierte Consider James nutzt hingegen die totale Flexibilisierung der Arbeit in der digitalisierten Ökonomie. Man verleiht kurzfristig und stundenweise Hilfskräfte, bisher vor allem im Veranstaltungs- und Gastronomiebereich.

Das System soll so flexibel sein, dass sogar ein Student, dem gerade eine Vorlesung ausgefallen ist, sich kurzfristig als Arbeitskraft anbieten kann. Die Mitarbeiter werden mit Sternchensystem bewertet. Sie würden aber auch durch die Vertragskonditionen geschützt, hieß es. „Nicht vergessen: Ihr habe es mit Menschen zu tun“, sagte bei der Preisübergabe einer der Juroren - den dennoch das bereits ausgereifte Geschäftsmodell überzeugt hatte.