Es kommen deutlich weniger junge Flüchtlinge, die ohne Eltern auf der Flucht sind, nach Stuttgart als 2015 und 2016. Nun geht es darum, die Ressoucen den Zahlen anzupassen und trotzdem für die Zukunft gewappnet zu sein. Denn die ist ungewiss.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Feldbetten in den Gemeinschaftsräumen, die Zimmer allesamt mehrfach belegt – im Jahr 2015 waren die Notunterkünfte des Stuttgarter Jugendamts stark unter Druck. Weil damals so viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) ankamen, mussten kurzfristig Übergangsquartiere bezogen werden, unter anderem wurde ein Vaihinger Hort zur Unterkunft umfunktioniert. Diese Zeiten sind vorbei. Seit die Balkanroute dicht ist, sind die Zahlen stark rückläufig. „Es hat sich viel verändert, wir konnten alle Notübergangsquartiere wieder schließen“, sagt Lucas-Johannes Herzog, der zuständige Abteilungsleiter im Jugendamt.

 

1052 Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen, die unbegleitet, also ohne ihre Eltern, aus dem Ausland eingereist waren, weist seine Statistik für 2015 aus, 2016 waren es 464 und 2017 bisher 24 oder 25 pro Monat. Die meisten kommen aus Syrien, Afghanistan und afrikanischen Ländern wie Somalia, Eritrea und Gambia.

Sollte der Trend so bleiben, käme man also hochgerechnet auf rund 300 Inobhutnahmen in diesem Jahr, wobei Prognosen trügen können. „Es sind ja weltweit nicht weniger Menschen auf der Flucht“, gibt Herzog zu bedenken. Auch 300 Inobhutnahmen wären aber immer noch mehr als in den Jahren vor der großen Flüchtlingskrise. 2014 (250 Inobhutnahmen), 2013 (153) und 2012 (90) waren die Zahlen zum Teil noch deutlich geringer, im Jahr 2005 lag die Zahl sogar nur bei 31.

Stuttgart gibt junge Flüchtlinge in die Region ab

Was in Stuttgart ebenfalls zur Entspannung beigetragen habe, sei eine Gesetzesänderung, so Herzog. Diese wirkt sich seit dem Jahr 2016 aus. Anders als zuvor ist nicht mehr das Jugendamt der Stadt dauerhaft zuständig, in der das geflüchtete Kind oder der Jugendliche zuerst registriert wurde, sondern sie werden weiter auf andere Stadt- und Landkreise im Land verteilt. Weil die Schleuserwege primär nach Stuttgart führten, war Stuttgart vor der Änderung durch den Bund überproportional betroffen gewesen. „Wir sind immer noch eine abgebende Stadt, die wenigsten UMF bleiben hier“, sagt Herzog.

Aktuell unterhält das Jugendamt vier Inobhutnahmestandorte: In der Kernerstraße gibt es derzeit 13 UMF-Plätze, auf dem Gelände des Bürgerhospitals, wo auch der Sozialdienst für die Zielgruppe angesiedelt ist, sind es 30 Plätze, in der Kupferstraße in Vaihingen 24 und in einem Systembau Am Klingenbach im Stuttgarter Osten 36 Plätze. „Wir passen die Einrichtungen dem Bedarf an und bauen auch zurück“, berichtet Herzog. Auch der Mitarbeiterstab müsse entsprechend angepasst werden. Im letzten Doppelhaushalt wurden viele Sozialarbeiterstellen bewilligt. Wegen der schwierigen Planbarkeit hofft man im Jugendamt, eine gewisse Reserve auch in Zukunft finanziert zu bekommen.

550 unbegleitete Jugendliche im Hilfesystem

Insgesamt würden in Stuttgart gerade um die 550 minderjährige Flüchtlinge im Hilfesystem versorgt, die meisten leben in Wohngruppen, ein Teil auch in betreuten Jugendwohnungen alleine oder zu zweit, rund zehn bei Privatpersonen im Untermietverhältnis. 16 sogenannte UMF sind in Pflege- oder Gastfamilien untergekommen und rund 40 bei Verwandten in der sogenannten Verwandtenpflege.