Vier Wochen haben vier junge Stuttgarter den Instagram-Kanal der Stuttgarter Zeitung bespielt. In der Ausstellung „#igersoffline“ sind ihre Werke nun real zu erleben.

Stuttgart - Lila-blau schälen sich die Blätter aus den Schlieren, mystisch steigen die Nebel im Gegenlicht des Waldes auf. Florentine Pilvi Möhrle lässt schon mal Rauchbomben verglühen, um mit der Kamera zu malen, geheimnisvoll und abstrahierend. „Als Stadtkind brauche ich die Natur, liebe Nebel, seine Melancholie, ich stamme vom Bodensee“, sagt die Modedesignerin und verweist auf den Boden. Dort werden ihre Bilder auf einer Moltonfläche projiziert.

 

„#igersoffline“ heißt die Instagram-Ausstellung der Stuttgarter Zeitung, die im Gerbers Upstairs, Sophienstraße 21, eröffnet worden und bis zum bis 21. Mai zu sehen ist. Zum Eröffnungsabend in einer zur temporären Galerie umfunktionierten Einzelhandelsfläche kamen 300 Gäste, darunter der ehemalige Nachtcafé-Moderator Wieland Backes, Fernsehkoch Frank Oehler und Volleyball-Manager Bernhard Lobmüller. Zu sehen sind die Werke jener vier igers, also Instagram-Nutzer, die je eine Woche lang den Instagram-Kanal der Zeitung gekapert und bespielt haben. In einem leerstehenden Geschäft werden sie an diesem Abend als Projektionen inszeniert, draußen in der Ladenzeile sind sie noch eine Woche in Pop-up-Boxen zu erleben. Initiiert hat dies STZ-Exklusivautor Ingmar Volkmann. „Ich glaube an Kanalübernahmen, weil so andere Perspektiven und Ideen hereingetragen werden, dabei Austausch entsteht“, betont er. Mit Hannes Steim, Geschäftsführer der Agentur Farbeweiss, Betreiber der Temporary Concept Mall FLUXUS sowie des Gerber Upstairs, und dessen Team setzte er die Schau um. Diese soll nicht nur die Bandbreite der Plattform Instagram zeigen, sondern auch, dass die geposteten Fotos im Kanalwechsel vom Virtuellen ins Reale, also ausgedruckt und gebeamt, funktionieren.

Entgegen den gewohnten Wahrnehmungsmustern

Wie die Motive von Steffen Geldner. Er agiere spontan, poste nicht nach Konzept, sondern nach Lust, so der Dozent. „Was ich entdecke.“ Seine Fotos muten an wie ein surreale Momentaufnahmen: eine Hand, die im Gegenlicht des Himmels ein Flugzeug zu greifen scheint, ein Mädel zwischen Luftballons, ein Typ, der eine Riesenorange stemmt. Klar, fast konstruktiv indes kommen Selina Opas Bilder daher. Die schwarzen Stufen einer Treppe gruppen sich zu einem Ammoniten, die Brücke zwischen den Lagern der Hamburger Speicherstadt führt ins Unendliche, genauso wie der Steg zwischen den Dünen hinaus aufs Meer. „Stadtbilder, Architektur, Landschaft, geometrische Form“, erklärt die Medien-Studentin ihr Anliegen.

Geometrien schließlich inszeniert auch Constantin Schiller, allerdings den gewohnten Wahrnehmungsmustern widersprechend. Von der St. Paul’s Cathedral London bleibt gerade mal die Kuppel, von Hochhäuserfassaden ihre einsamen, rhythmisierten Fensterbänder, vom Sportsmann dessen Schatten, eine weiße Markierung überschneidend. „Ich fotografiere ständig“, schildert der angehende Marketingkaufmann. Und er achte darauf, dass er regelmäßig seine Bilder auf Instagram poste. „Immer zur gleichen Uhrzeit, Menschen sind Gewohnheitstiere.“ Anders nutzt Möhrle den Online-Dienst zum Fotos teilen. Ihr gehe es weniger um Kommentare als um die Plattform, bekräftigt sie. „Da kann ich meine Fotografien, mein Fortkommen dokumentieren – und reflektieren.“