40 Prozent der Stuttgarter haben ausländische Wurzeln. In Sillenbuch ist es knapp ein Drittel. Dies und mehr haben die Lokalpolitiker bei ihrer jüngsten Sitzung erfahren. Da hat sich die Abteilung für Integration vorgestellt.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Sillenbuch - In Sillenbuch leben circa 112 verschiedene Nationalitäten. Von den insgesamt 23 353 Einwohnern haben 13,5 Prozent eine ausländische Staatsangehörigkeit. Knapp ein Drittel hat Wurzeln im Ausland – bei den Sillenbuchern unter 18 Jahren ist es sogar die Hälfte. Die Zahlen hat Levent Günes zur jüngsten Sitzung des Sillenbucher Bezirksbeirats mitgebracht. Er ist gekommen, um die städtische Abteilung für Integration vorzustellen.

 

„Integrationspolitik ist in Stuttgart Chefsache“, sagt Levent Günes. Das heißt, dass er und seine Kollegen dem Oberbürgermeister unterstellt sind. Fritz Kuhn sei derjenige, der den Weg weise. Ein Konzept gibt es seit dem Jahr 2001.

Begriffe wie Integration haben das Zeug zur Worthülse

Levent Günes gibt zu, dass er und seine Kollegen sich schwer täten mit Begriffen, mit denen sie tagtäglich zu tun hätten: Integration, Migrationshintergrund, sie haben das Zeug zur Worthülse. Letztlich gehe es darum, dass die Menschen gut miteinander leben. Dabei helfen Politik, Vereine, aber auch der Nachbar. Der Gemeinderat hat einen internationalen Ausschuss; ihm gehören 13 Stadträte an, aber auch Bürger können sich bewerben. Das Gremium ist offensichtlich beliebt. Für die zwölf zu vergebenden Sitze gingen bei der jüngsten Wahl mehr als 100 Bewerbungen ein.

Unterstützung bei der Einbürgerung, Stadtentwicklung, individuelle Lernbegleitung, Hilfe auf dem Arbeitsmarkt – die Aufgaben der Abteilung sind mannigfaltig. Was auch dazu gehört: „Mama lernt Deutsch“, ein Kurs, nach dem die Frauen ihren Alltag in Deutschland besser verstehen. An der Schule ihres Kindes lernen sie unter anderem, wo die Ämter sind und welches wofür zuständig ist, sie bekommen Tipps, was für ein Vesper sie ihrem Kind in die Schule mitgeben sollen, was Ganztagsschule bedeutet. „All die Kleinigkeiten, die aber so wichtig sind“, sagt Levent Günes. Derzeit gibt es das an 15 Stuttgarter Schulen.

Die Stadt plant ein Willkommenszentrum

„Mama lernt Deutsch“ hat es übrigens mittlerweile zum Vorbild gebracht. „Der Kurs hat bundesweit Anklang gefunden“, sagt er. Und er wird in Österreich und der Schweiz kopiert. Was sich Stuttgart von Hamburg, Essen und Toronto abgeguckt hat: Die Stadt plant ein Willkommens-Zentrum – für alle Neubürger, egal ob aus Bremen oder Ankara.

Menschen mit ausländischem Ursprung – in welcher Generation auch immer – sind ein Wirtschaftsfaktor in Stuttgart. Laut Levent Günes gibt es 14 migrantische Unternehmerverbände. Wie viele Unternehmer es gibt, deren Chef Migrant ist, ist unbekannt. Die Abteilung mache dazu zurzeit eine Online-Umfrage. Leuten, die gleich an den türkischen Gemüsehändler denken, sagt Levent Günes, dass sie sich täuschen. Der Trend bewege sich weg von der Bäckerei und dem Lebensmittellädchen hin zu Handyshops, Kanzleien oder Agenturen.

Pflegeheime sind nicht auf Migranten eingestellt

Egal welcher Herkunft – die Menschen in Stuttgart treibt Ähnliches um. Das gilt auch fürs allgemeine Älterwerden und die damit verbundenen Herausforderungen für eine Stadt, für eine Gesellschaft. Bei Migranten kommt indes noch eine Schwierigkeit hinzu: andere Sitten und die Sprache. „Pflegeeinrichtungen sind nicht darauf eingestellt“, sagt Levent Günes. „Das ist ein großes Thema.“

Im Vergleich zu Sillenbuch sind die Zahlen für die Stadt übrigens deutlich höher. In Stuttgart leben 170 Nationen. Von den 600 000 Einwohnern haben 22 Prozent einen ausländischen Pass. 40 Prozent haben ausländische Wurzeln, bei den Stuttgartern unter 18 sind es sogar 60 Prozent.