Die zunehmende Zahl an Flüchtlingskindern stellt die Landeshauptstadt in Sachen Bildung und Betreuung vor Herausforderungen. Für Ulrike Brittinger, die Leiterin des Staatlichen Schulamts, gibt es Grund zur Sorge.

Stuttgart - Die zunehmende Zahl der Familien aus Kriegsgebieten und wirtschaftsschwachen Ländern stellt die Landeshauptstadt vor neue Herausforderungen. Es geht dabei auch darum, die Kinder durch ausreichende Angebote an Schulen und in Kitas frühzeitig zu integrieren. Doch bei beiden ist die Infrastruktur laut Aussagen der zuständigen Ämter derzeit nicht ausreichend.

 

„Unsere Sorge gilt dem laufenden Schuljahr“, sagte Ulrike Brittinger, die Leiterin des Staatlichen Schulamts, auf Anfrage. Seit vergangenem September sei die Zahl der Schüler in den sogenannten Vorbereitungsklassen von 647 auf mittlerweile 732 gestiegen. Das sind 85 Schüler mehr, die in den 52 Klassen unterrichtet werden. Der größte Teil der Neuankömmlinge stamme aus den Balkanstaaten – Serbien, Rumänien, Kosovo, Mazedonien. Aber auch Kinder griechischer, spanischer und türkischer Zuwanderer sowie aus dem Irak, Afghanistan, Pakistan, Syrien und Indien werden in den Vorbereitungsklassen unterrichtet.

Bisher verteilen sich diese Klassen allerdings nur auf Grundschulen (30 Klassen) und Werkrealschulen (22 Klassen). „Wir würden das gern auch auf Realschulen, berufliche Schulen und Gymnasien ausweiten“, sagt Brittinger. Aber dort fehle es dafür an Räumen. „Auch die Verwaltungsvorschrift aus dem Jahr 2008 muss aus unserer Sicht angepasst werden.“

Derzeit finden Gespräche statt

Der darin fixierte Klassenteiler von 24 Schülern sei für diese sehr heterogene Klassen zu hoch, meint die Amtsleiterin. Sie macht sich zudem dafür stark, dass Grundschulkinder 22 statt der bisher fixierten 18 Stunden pro Woche Unterricht erhielten. Und: „Diese Kinder sollten auch am Ganztag teilnehmen können – aber wir bekommen für sie keine Lehrerressourcen dafür.“ Dabei, so argumentiert Brittinger, würde gerade die Teilnahme am Ganztag den Kindern beim Erlernen der Sprache helfen und zudem die Integration fördern. „Wir haben einen Vorstoß beim Regierungspräsidium gemacht“, so Brittinger. Derzeit fänden Gespräche statt.

Die Stadt geht davon aus, dass im Jahr 2014 rund 325 neue Flüchtlingskinder in die Stadt kommen. „Natürlich wissen wir nicht, wer kommt“, sagt der stellvertretende Sozialamtsleiter, Stefan Spatz. Aber man könne auf Erfahrungswerte zurückgreifen. „Wir sind vorbereitet“, versichert Spatz.

Die Lenkungsgruppe Flüchtlinge hat am 17. Februar das erste Mal getagt. Sie kümmert sich um die soziale Begleitung der Asylbewerber – dazu gehört auch, wie die Kinder integriert werden können. Dass hier noch einiges zu tun ist, liegt angesichts von 325 zusätzlichen Kindern auf der Hand. Schon jetzt gibt es in Teilen Probleme, alle Kindergartenkinder unterzubringen. Die Chance, einen Krippenplatz zu bekommen, existiert nicht. „Den Bedarf bei den Null- bis Dreijährigen gibt es nicht“, so Spatz. Hier würden sich die Mütter kümmern. Sie dürfen nicht arbeiten.

Kinderanteil wird sich wohl noch erhöhen

Spatz betont, dass nur in fünf von 61 Flüchtlingsunterkünften Engpässe bei den Kindergartenplätzen bestünden. In einer Unterkunft in der Kirchheimer Straße in Sillenbuch hätten die Mütter deshalb selbst die Betreuung organisiert. „Wir haben da einen Stau“, räumt Spatz ein. Betroffen ist demnach das derzeit größte Wohnheim in Stuttgart mit 175 Plätzen. Langfristig sollen hier durch den Neubau einer Gebäudezeile sogar 245 Flüchtlinge unterkommen. Der Kinderanteil wird sich also noch einmal erhöhen.

Ein selbst organisierter Kindergarten widerspricht dem Ziel der Stadt, die Kinder zu integrieren. „Unser Ziel ist, dass die Kinder in die Kindertagesstätten kommen als integratives Moment“, sagt auch Stefan Spatz. Die Verwaltung sei wegen der noch zu erwartenden Kinder „im Gespräch, wie wir das an den Standorten durchdeklinieren können“. Er geht davon aus, dass Kindergartenplätze geschaffen werden müssen. Bei den Drei- bis Sechsjährigen befürchtet er Engpässe. Nur eine „zweitbeste Lösung“ sei, in den Heimen Plätze zu schaffen. So etwas hat es früher in einem ehemaligen Asylbewerberwohnheim in der Katzenbachstraße gegeben. Den damaligen Kindergarten hätten auch auswärtige Kinder besuchen können, so Spatz.

Generell versuche man, die Flüchtlingsunterkünfte so zu belegen, dass Familien und allein stehende Flüchtlinge in einer gewissen Mischung unter gebracht werden. Allerdings werde darauf geachtet, dass Flüchtlinge, deren Volksgruppen miteinander in Konflikt liegen, nicht zusammen gelegt werden, so Spatz.