Die baden-württembergische Ministerin für Integration Öney bereitet die Öffentlichkeit auf steigende Zahlen von Asylbewerbern vor.  

Karlsruhe - Die baden-württembergische Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) hat die Städte und Gemeinden aufgerufen, sich darauf einzustellen, dass deutlich mehr Asylbewerber versorgt werden müssen. Ihre Zahl werde 2011 wahrscheinlich erstmals seit Jahren die Marke von 5000 überschreiten, sagte Öney am Freitag bei einem Besuch der landesweiten Aufnahmestelle in Karlsruhe. Beim Tiefstand 2007 waren es knapp 1600 gewesen.

 

Bund, Land und Kommunen müssten zudem mehr Geld in die Hand nehmen, um den Flüchtlingen einen menschenwürdigen Aufenthalt zu sichern und ihre Integration zu fördern, sagte die Ministerin. "Wir wollen die Unterbringungs- und Versorgungssituation mit Blick auf humanitäre Kriterien kritisch prüfen und schrittweise verbessern", sagte Öney. "Wir werden diese Aufgabe in enger Abstimmung mit den kommunalen Landesverbänden und den Stadt- und Landkreisen angehen." Sie verwies auf neuere Urteile, in denen höhere Zuwendungen für Flüchtlinge gefordert werden. Im Bund werde bereits an einem neuen Leistungsgesetz gearbeitet.

Die Ministerin sieht auch die Widerstände

"Auch das Land muss seine Mittel aufstocken", sagte Öney. Zurzeit stünden 37,8 Millionen Euro im Haushalt. Dies werde nicht ausreichen. Die Ministerin sieht jedoch auch die Widerstände. "Die Neigung, für Flüchtlinge mehr Geld auszugeben, ist zurzeit sehr gering." Deshalb sei viel Aufklärungsarbeit notwendig. Die Kommunen hätten die Aufnahmekapazitäten in den rund 100 Gemeinschaftsunterkünften heruntergefahren. Jetzt müssten sie wieder aufstocken.

Die zentrale Flüchtlingseinrichtung in Karlsruhe weist für Öney im bundesweiten Vergleich einen hohen Standard auf. "Aber auch hier muss noch einiges verbessert werden. So sollte die Kantine auch abends geöffnet sein." Außerdem sprach sie sich für mehr Deutschunterricht vor allem für die Kinder aus.

Wachsender Zulauf vor alle aus Afrika

Zurzeit kommen die meisten Flüchtlinge aus dem Irak und dem Iran, aus Afghanistan und Pakistan. Wegen der Bürgerkriege und Hungersnöte rechnet Öney mit einem wachsenden Zulauf vor allem aus Afrika. Der beste Schutz davor sei eine Änderung der Entwicklungs- und Klimapolitik. "Wer den Flüchtlingsstrom unterbrechen will, muss die Fluchtursachen bekämpfen. Dabei ist neben Deutschland auch die Europäische Union gefordert."

Alle Flüchtlinge, die nach Baden-Württemberg kommen, haben ihre erste Station in der Aufnahmestelle des Landes in Karlsruhe. Sie verfügt über rund 900 Plätze in Zimmern mit sechs bis acht Betten. Pro Woche kommen derzeit etwa 100 Flüchtlinge an. Sie werden auf Lungenkrankheiten untersucht, manche auch auf Hepatitis und Aids. Auf psychische Erkrankungen, etwa durch traumatische Erfahrungen, wird nicht systematisch untersucht.

Nach etwa sechs Wochen werden die Flüchtlinge dann auf die Gemeinschaftsunterkünfte der Kommunen verteilt. Bis dahin sollen sie erkennungsdienstlich registriert und von der Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge angehört werden. Dies gelingt in 90 Prozent der Fälle. Bei Flüchtlingen, die eine seltene Sprache sprechen, kann es länger dauern, einen Dolmetscher zu finden. Etwa 70 Prozent der Ankommenden sind Männer, der Rest meist Frauen mit Kindern.