Wirbel um die Integrationsministerin: Wegen kritischer Äußerungen über eine Verquickung von Behörden und Neonazi-Szene in Deutschland fordert die Landes-FDP den Rücktritt von Birkay Öney – und will am liebsten gleich das ganze Ministerium abschaffen.

Stuttgart - Nach Äußerungen über eine Verquickung von Behörden und Neonazi-Szene und die Existenz eines Staates im Staat in Deutschland gerät Baden-Württembergs Integrationsministerin Bilkay Öney immer stärker in Bedrängnis. Die FDP forderte am Freitag den Rücktritt der SPD-Politikerin. Sie schade mit ihren Äußerungen dem Ansehen des Landes und sei ein „Sicherheitsrisiko“, erklärte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke in Stuttgart. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) müsse seine Integrationsministerin daher „aus dem Kabinett entfernen“.

 

Nach einem Bericht der „Stuttgarter Nachrichten“ hat die türkische Tageszeitung „Hürriyet“ Öney kürzlich mit den Worten zitiert: „Die deutschen Behörden haben Neonazis Geld im Austausch für falsche Auskünfte gegeben und dieses Geld ist in die Neonazi-Szene geflossen. Das ist eine bekannte Tatsache, da habe ich keine Geheimnisse verraten.“ Öney bestritt die neuen Äußerungen dem Bericht zufolge nicht, wies aber darauf hin, dass sie einer Mail mit privatem Charakter entstammten.

FDP will das Ministerium abschaffen

Bereits zuvor hatte Öney mit Äußerungen über die Existenz eines Schattenstaates in Deutschland für Aufregung gesorgt. Die SPD-Politikerin soll auf einer Veranstaltung der Alevitischen Gemeinde in Stuttgart den Begriff „tiefer Staat“, der in der Türkei für nationalistische Untergrundstrukturen verwendet wird, im Zusammenhang mit Deutschland genannt haben. Sie handelte sich dafür eine Rüge von Kretschmann ein und entschuldigte sich.

Rülke erklärte, mit ihren Äußerungen habe Öney bewiesen, dass sie „auf sicherheitspolitischem Parkett nicht standfest“ sei. Nun sei „das Maß voll“. Der integrationspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Andreas Glück, forderte in diesem Zusammenhang die Abschaffung des Integrationsministeriums. Eine Stabstelle wäre für diesen Aufgabenbereich deutlich besser geeignet, betonte er.

Heftige Kritik kam auch von der CDU-Landtagsfraktion. Öney habe mit ihren erneuten Äußerungen offenbart, dass ihre Entschuldigung und die Zurücknahme ihrer Aussage zum „tiefen Staat“ nicht ernst gemeint seien, kritisierte der integrationspolitische Sprecher Bernhard Lasotta. Wenn eine Politikerin in einer E-Mail anders rede und schreibe als in der Öffentlichkeit, habe sie „jegliches Vertrauen in ihre Person und Amtsführung verspielt“.

Regierungsfraktionen stellen sich hinter Öney

Die Fraktionsvorsitzenden von Grünen und SPD, Edith Sitzmann und Claus Schmiedel, wiesen die Rücktrittsforderungen entschieden zurück. Öney habe das volle Vertrauen und die uneingeschränkte Unterstützung der beiden Regierungsfraktionen, erklärten sie am Freitag. Sie habe richtig gestellt, was notwendig war, und sich dafür in unmissverständlicher Weise entschuldigt. Die neuerlichen Angriffe gegen sie seien „ein unappetitliches Schmierentheater, das jeder sachlichen Grundlage entbehrt“. Die Integrationsministerin als Sicherheitsrisiko zu verunglimpfen, sei „eine in höchstem Maße unanständige Entgleisung und üble Beleidigung“. Dafür müsse sich Rülke entschuldigen.

Der FDP-Fraktionschef wies diese Forderung umgehend zurück. „Wer als Regierungsmitglied wiederholt behauptet, in Deutschland kooperiere der Staat mit Terroristen, ist ein Sicherheitsrisiko“, erklärte er.